Emotionslos strafen – das Nonplusultra im Umgang mit Pferden?

In einem Punkt sind sich sehr viele der Ausbilder (egal welcher Richtung) ziemlich einig: Wir sollen lernen, emotionslos zu strafen. Ziel ist es, Ungehorsam punktgenau mit einer Sanktion zu beantworten, ohne Wut und ohne schlechtes Gewissen.

Zunächst schien mir das überzeugend, denn ich gebe zu, dass ich als sehr emotionaler Mensch aus meinen Emotionen heraus leider schon so manchen Mist gebaut habe. Aber, je mehr ich über dieses „emotionslose Strafen“ nachdenke und je öfter ich es in Aktion sehe, desto häufiger kommen mir auch Bedenken.

„Emotionslos“ heißt ja, die eigenen Gefühle zu reduzieren oder gar abzuschalten. Bei Wut oder Ungeduld ist das ratsam, klar. Aber besteht nicht auch die Gefahr, dass wir, wenn wir schon mal dabei sind, unsere Gefühle zu unterdrücken, auch gleich noch welche ausschalten, die wir lieber aktiv halten sollten? Was ist z.B. mit unserem Mitgefühl, mit unseren Skrupeln und auch mit unserer Liebe zu unserem Pferd?

Ich frage mich, wohin es führt, wenn wir tatsächlich lernen, emotionslos zu strafen… – wirklich zu eine gerechten und fairen Verhalten dem Tier gegenüber? Oder kann es nicht auch zu einer Härte führen, die übersieht, dass wir es nicht mit einer Maschine, sondern mit einem lebendigen Wesen zu tun haben?

Gerade bei der Forderung nach emotionslosen Strafen haben wir den Fokus auf unseren eher negativen Gefühlen, wie eben Wut und Ähnliches. Mensch sein beinhaltet ja aber sehr viel mehr. Und Menschlichkeit lässt sich leider im Umgang mit Pferden doch häufig vermissen…

Eure Gedanken zu diesem Thema würden mich sehr interessieren.

20. August 2008 von Tania Konnerth • Kategorie: Umgang 18 Kommentare »

 

18 Reaktionen zu “Emotionslos strafen – das Nonplusultra im Umgang mit Pferden?”

 

Von Iris • 20. August 2008

Liebe Tania,

ist denn Strafe, ob nun mit oder ohne Emotionen, überhaupt nötig im Umgang mit Pferden? Wie ich hier an anderer Stelle schon mal geschrieben habe, hat mich ein Satz von Michael Geitner in dieser Hinsicht sehr beeinflusst. Er lautet: Ein Pferd macht aus seiner Sicht alles richtig, und zwar immer! Selbst ein Pferd, das Menschen angreift, beißt und schlägt, tut dies ja meistens nicht aus Bösartigkeit, sondern weil es durch schlechten Einfluss gelernt hat, sich verteidigen zu müssen. Ich denke, ausschließlich solches, den Menschen gefährdendes Verhalten rechtfertigt überhaupt Strafe in Form von Gerteneinsatz oder ähnlichem. Hier könnte ich mir vorstellen, dass emotionslose Strafe durch einen professionellen Ausbilder für Problempferde besser ist, als sinnloses Draufhauen aus Wut und/oder Angst. In allen anderen Situationen, in denen sonst häufig gestraft wird, zum Beispiel bei Fehlern, die das Pferd macht oder bei Widersetzlichkeiten oder ähnlichem, halte ich Strafe für eher kontraproduktiv. Ich setze da lieber auf Ignorieren des unerwünschten und Bestätigen des erwünschten Verhaltens.

Auch Strafe stellt aus verhaltenspsychologischer Sicht eine Bestätigung dar, die oft eben gar nicht erwünscht ist. Ein Beispiel: Pferd steht am Anbinder und langweilt sich, also fängt es an zu scharren. Mensch geht hin und „straft“ durch Anschreien oder Schlagen oder tätschelt und spricht beruhigend auf das Tier ein, um es vom Scharren abzubringen. Beide menschlichen Verhaltensweisen machen für das Pferd keinen Unterschied, denn es bekommt in jedem Fall die Aufmerksamkeit, um die es durch die Scharrerei gebettelt hat. Ob man nun straft oder nicht, das Pferd hat eine positive Bestätigung für sein unerwünschtes Verhalten bekommen!! Daher sollte man das Scharren eben ignorieren und sofort loben, wenn das Pferd ruhig steht, denn nur dann verbindet es die erhaltene Aufmerksamkeit mit dem Stillstehen.

Vielleicht sollten wir auch generell mal darüber diskutieren, wie wir Strafe definieren, das kann ja durchaus ein dehnbarer Begriff sein. Für den einen ist ein grober Ruck im Maul nur eine „Hilfe“, für den anderen schon „Strafe“. Wie so oft prallen hier Welten aufeinander…

Liebe Grüße, Iris

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Liebe Iris,

wow, wieder eine so tolle, nachdenklich stimmende Antwort! Das motiviert mich doch ungemein, endlich das Forum für die Seite aufzusetzen, denn mit Leuten wie Dir werden wir höchst spannende Diskussionen führen können.

Danke!
Tania

 

Von Almut • 20. August 2008

Liebe Tania,
meine „Richtung“ kennst Du ja schon aus meinem Kommentar zum Pignon-Seminar.
Auch ich versuche, möglichst ohne Strafe auszukommen, Situationen, in denen ich „strafen“ müsste, zu vermeiden – also unerwünschtes Verhalten von vornherein zu verhindern, im Ansatz zu unterbinden oder – wenn das nicht geht – zu ignorieren, erwünschtes Verhalten hingegen zu fördern und zu belohnen. In dem Zusammenhang finde ich den Grundsatz, „falsche“ Dinge schwer und „richtige“ Dinge einfach zu machen, immer wieder gut.
„Ungehorsam“ geht vielleicht noch ein Stück weiter – aber gerade da muss man im Hinterkopf behalten, dass es immer einen Grund gibt – das Pferd versteht nicht, was es tun soll, es kann nicht (z. B. weil es körperlich überfordert ist) oder es will nicht (z. B. weil das Vertrauen zu seinem Menschen nicht groß genug ist). Und da halte ich Strafe – genau wie Iris – nicht für angebracht. Da hätte der Mensch vorher besser überlegen sollen, was er von seinem Pferd in der jeweiligen Situation verlangen kann.
Bei Pferden, die Aggressivität gelernt haben, mag eine gezielte Umerziehung mittels „Strafe“ sinnvoll sein. Aber auch da habe ich schon erlebt, dass ein Wechsel in Umgebung, Haltungsform, den Menschen, die mit dem Pferd umgehen und konsequentes Ignorieren aggressiver Ansätze Wunder wirken können.
Und die Frage, wie wir Strafe überhaupt definieren, bedarf wohl wirklich einer Diskussionsplattform. Was ist noch eine Hilfe, was „Notwehr“, was Strafe? Ich denke, Strafe setzt auch eine entsprechende innere Einstellung voraus, etwas bestrafen zu wollen. Und insofern finde ich das „emotionslos“ auch etwas schwierig. Mal abgesehen davon, dass wohl die Wenigsten im Umgang mit ihren Pferden überhaupt emotionslos sein können – und das ist (meistens) auch gut so, oder? 🙂
Herzliche Grüsse, Almut

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Jep, ich denke eben auch, dass unsere Emotionen nicht nur negativ sind, gerade im Umgang mit Pferden.

Das Thema „Strafe“ ist wirklich ein sehr Spannendes, vor allem auch, weil es so zentral ist und weil sich aus ihm ganz viele weitere Sachen ableiten.

Die Diskussionsplattform kommt, das steht fest! 🙂
Tania

 

Von Therese • 21. August 2008

Hallo Tania,
Ich stimme euch zu, dass Strafen im Allgemeinen nicht sein müssen, allerdings denke ich, kleine Untugenden können ruhig mal dezent bestraft werden. Das Pferd von einer Bekannten rückt mir zum Beispiel immer furchtbar auf die Pelle. Ich drehe ihn dann halt sanft aber bestimmt von mir weg! Emotionslos ist das in der hinsicht, das ich nicht genervt und sauer bin, und ihn deshalb grob von mir wegstoße. Er ist ein total süßes und verspieltes Pferd und wenn er zu weit geht, muss er das schon merken. Aber nicht durch Schmerz (ich will nicht falsch verstanden werden). Ich habe immer ein Lächeln auf den Lippen, wenn ich ihn bei solchen Kleinigkeiten „Strafe“. Er ist halt frech. Das finde ich dann nicht Emotionslos. Ich denke wichtig ist, dass man seine Emotionen so kontrolliert, dass man immer eher positiv eingestellt ist. Und das man nicht von schlechten Emotionen, wie Wut, überwältigt wird.

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Hallo Therese,

vielen Dank für Deinen Beitrag. Ich persönlich komme leider auch nicht ohne Strafen aus (lieber wäre es mir durchaus). Gerade bei meinem Youngster muss ich schon oft deutlich Grenzen setzen und ich muss gestehen, dass ich da nicht immer ein Lächeln auf dem Lippen habe. Manchmal werden da Punkte bei mir gedrückt, wo ich schon auch sauer werde, deswegen fand ich die Idee mit dem emotionslosen Strafen auch erst sehr attraktiv. Inzwischen denke ich, dass die Strafen, die gleichsam als Reflex kommen, die „fairsten“ sind. Heute z.B. biss mir Anthony beim Handpferdreiten ins Hosenbein und dafür bekam er punktgenau eins auf die Nase. Ich habe mich dabei und danach nicht schlecht gefühlt, weil Beißen geht einfach nicht. Und offenbar fand auch er die Reaktion ok, denn danach probierte er es nicht mehr.

Grüßle von Tania

 

Von Almut • 22. August 2008

Hallo Tania,
ich noch mal 🙂
Zu dem Beitrag von Therese und Deiner Antwort – ich denke auch, dass Pferde bestimmte Grenzen brauchen und gerade junge Pferde diese Grenzen auch gern mal austesten. Und es gibt so gewisse „no-no“s, die man nicht ohne Reaktion lassen kann.
Aber die von Therese beschriebene Reaktion – sanftes und bestimmtes wegschieben oder auf Abstand halten – würde ich auch nicht als „Strafe“ definieren.
Ich muss mir den Respekt bei meinem „Kleinen“ auch immer mal wieder erkämpfen und ich schaffe es nicht in jeder Situation, zu agieren statt zu reagieren – also etwas unerwünschtes vorab zu verhindern. Dann reflexartig zu reagieren, halte ich auch für die fairste und für das Pferd nachvollziehbarste Methode – natürlich, wenn man dabei nicht über die Stränge schlägt (da sind wir wieder bei „emotionslos“) und wenn man davon ausgehen kann, dass kein anderer Grund dahinter steckt, also z.B. das Pferd aus Angst beißt.
Liebe Grüsse, Almut

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Jep, ich stimme zu, Almut. Und ich denke, man muss auch wirklich die Persönlichkeit des Pferdes beachten. Mein Kleiner z.B. ist deutlich dickfelliger als mein Großer – das muss ich immer berücksichtigen.

Herzlich,
Tania

 

Von Eva • 25. August 2008

Da mich das Thema Emotionen gerade sehr beschäftigt finde ich diesen Beitrag und die Diskussion darum sehr interessant und ich ziehe einige Denkanstösse daraus. Ich arbeite in der Industrie und da sind Emotionen im alltäglichen Leben meist unerwünscht bzw. mir fällt auf, dass es meinen KollegInnen schwer fällt mit Emotionen umzugehen.
Die Frage was negative Emotionen sind kommt mir dazu, warum ist Wut negativ? Tatsächlich ist es doch nur eine Art zu zeigen wie es mir geht im Sinne von „das was gerade passiert macht mich wütend, d.h. meine Grenze wird überschritten“ und da ist für mich auch die Brücke zur Pferd/Mensch Kommunikation. Es ist wichtig, dass ich meine Grenzen aufzeige, damit mein Gegenüber (egal ob 2 oder 4 Beine) weiß wodran er ist. Gleichzeitig ist es jedoch auch wichtig, dass ich mir bewußt mache wer mein Gegenüber ist und welche Sprache er spricht!
Wie gesagt, Kommunikation ist ein extrem spannendes Thema und in der heutigen Zeit wichtiger denn je da meines Erachtens verloren gegangen.

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Hallo Eva,

vielen Dank für Deinen Beitrag.

Wut ist für mich negativ, weil ich aus meiner Wut heraus oft unfair werde. Ich beantworte dann nicht nur das augenblicke Fehlverhalten, sondern explodiere vielleicht richtig, weil ich mich schon über 15 Sachen zuvor geärgert habe. Die Reaktion kann das Pferd dann nicht nachvollziehen (ist jedenfalls zu vermuten). Gleichzeitig verliere ich, wenn ich wütend bin, meine Souveränität – und genau die möchte ich ja eigentlich nicht aufgeben. Ansonsten stimme ich Dir aber darin zu, dass Wut durchaus auch was Positives haben kann – ich versuche allerdings, sie aus dem Pferdebereich herauszuhalten.

Herzlich,
Tania von „Wege zum Pferd“

 

Von Elvira • 25. August 2008

Ein vielschichtiges Thema.Ich unterscheide ganz klar ob ich im Sattel sitze oder nicht.Und was ist für ein Pferd Strafe?? Menschlich gesehen oder pferdisch gesehen? Am Boden orientiere ich mich daran wie Pferde untereinander reagieren, es geht um Rangordnung, in all seinen Spielarten.Jedes, gesund sozialisiertes Pferd, wird immer wieder versuchen im Rang zu steigen. Ich kann ihm aber nicht erlauben im Rang über mir zu stehen, also muß ich mich gegen“ Angriffe“ sofort wehren. Und auch wenn sich das jetzt schlimm anhört: Ich trete mein Pferd, weil beissen find ich für mich eklig und Ohren anlegen kann ich nicht. Das sind aber- neben verschiedenen Körpersignalen die ich ebenfalls nicht nachahmen kann- die Möglichkeiten die grob die Rangordnung bestimmen.Und ich halte es auch danach wie die Pferde: Die kloppen sich jetzt und 1 Min. später kuscheln sie wieder. Das ist für mich emotionslos!
Im Sattel stellt sich die Frage nach Strafe eigendlich nicht. Kein Pferd lernt etwas wenn man es wie auch immer straft.Ich bin ein Anhänger von positiver Verstärkung.Und denoch: Für manchen sehe ich zu Pferd sicher wie der professionelle Tierquäler aus; Ich reite immer wieder mit Sporen und manchmal kommt noch die Gerte hinzu.Nur mit strafen, hat das nichts zu tun!

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Hallo Elvira,

sehr interessant, was Du schreibst. Ich kenne das Argument „das machen Pferde untereinander auch so“ und trotzdem habe ich damit ein bissl Bauchweh, denn manchmal wird damit einfach sehr grobe Gewalt gerechtfertigt. Aber auch hier kommt es sicher wieder darauf an, wie man es nutzt. So habe ich z.B. auf der Koppel auch schon mal mein „Bein drohend gehoben“, um ein aufdringliches Pferd auf Abstand zu halten, aber ich glaube nicht so recht daran, dass wir hier wirklich auf einer Ebene kommunizieren können. Pferde merken, dass wir keine Pferde sind, da kann ich noch so viel „keilen“ 🙂 Inzwischen nutze ich lieber Hilfsmittel, wie einen Strick oder eine Gerte, mit denen ich aufdringliche Pferde emotionslos auf Abstand halten kann – damit bin ich offenbar überzeugender.

Herzlich,
Tania von „Wege zum Pferd“

 

Von Anita • 26. August 2008

ich finde es müssen die Begriffe Strafe und emotionslos definiert werden. Ich würde gerne den Begriff emotionslos als kontrollierte Emotionen definieren, denn ein Mensch kann nicht emotionslos sein. Ich glaube auch, daß eine spontane Reaktion auf ein Verhalten immer am besten ist, ob man das jetzt Strafe nennt oder nicht, kann jeder für sich entscheiden. Doch ich finde es sehr wichtig zu sehen, daß das Verhalten des Pferdes kein Angriff gegen die eigene Person darstellt, sonder ebenfalls eine Reaktion ist. Und ebenfalls finde ich es wichtig, daß Pferde (Tiere) nie mit Absicht gemein. böse, hinterlistig, hinterhältig … ist. Ein Pferd reagiert, und meine Aufgabe ist es herauszufinden, warum es so reagiert, was ich machen kann, dass es positiv reagiert, und wie ich helfen kann. Bei allem bin ich Mensch (mit Fehlern) und das Pferd ein Tier (mit Fehlern). Ich finde einfach ich muss klar sein in meinen Handlungen und Zielen, dann komm ich am besten weiter.
Gruß Anita

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Liebe Anita,

vielen Dank für Deinen Beitrag, in dem ganz viel Hilfreiches steckt! Vor allem, was den Punkt mit dem Angriff auf die eigene Persönlichkeit angeht, finde ich Deinen Hinweis wichtig – ich (und ich denke, das geht vielen so), neige schon dazu, manches sehr persönlich zu nehmen. Daran arbeite ich.

Wenngleich auch ich Tieren keine „böse Absicht“ unterstelle, so gibt es allerdings Kandidaten, die auch schon mal gezielt ausprobieren, wofür es welche Antworten gibt. Ich denke, hier muss man sehr die jeweilige Persönlichkeit der Pferde beachten.

Herzlich,
Tania von „Wege zum Pferd“

 

Von Verena • 26. August 2008

Ich denke, mit Pferden kann und sollte man nie emotionslos sein wollen, gerecht ja (wobei ein Pferd sehr wohl spürt, wenn es uns Leid tut und dann auch Fehler verzeiht).

Das Pferd ist als Herdentier auf Führung angewiesen. Spürt es diese nicht, ist es u.U. verunsichert. Verunsicherung würde in der Natur auf Dauer Tod bedeuten. Wenn also der Mensch nicht klar führt, somit auch das Pferd klar in die Schranken weist, muss es aus der natürlichen Strategie her Führung übernehmen, d.h. es eignet sich Verhalten an, die den Menschen ignorieren, schlimmstenfalls gefährden. Die Ausprägung solchen Dominanzverhaltens sind so unterschiedlich, wie Pferde individuell sind.

Ich glaube der Unterschied zwischen sinnlosen Strafen und sinnvollem Führen liegt – wie auch im sonstigen Leben- in der inneren Haltung und dem Bewusstsein, mit dem wir bei unseren Handlungen sind.
Wenn ein Pferd mich auf der Weide angreift (weil es Menschen mit schlechten Erlebnissen gleichsetzt), auf deutliche Körperhaltung nicht reagiert und u.U. nach mir schlägt, ist der verlängerte Arm mit Strick oder Gerte die erste Möglichkeit, etwas zu tun um den Angriff zu stoppen. Die nächste wird sein, Fressen anzubieten.

Wenn beim Longieren, bzw. der Arbeit an der Hand ein Pferd nach der Gerte rumhopst oder gar nach der Gerte, die es mal fordert etwas mehr zu geben, kickt – sofort halten und ohne Berührung eine ganze Strecke rückwärts gehen lassen, Stimme laut und Arme ggf. hoch. Wirkt immer bei mir.

Im Umgang auf der Stallgasse gehe ich auch nach dem Motto: Pferde sind nicht immer zimperlich miteinander – aber ich will meinem Pferd ja beibringen, mit mir vorsichtiger zu sein. Also: soviel wie nötig (bei den etwas phlegmatischen) aber sowenig wie möglich.
Reicht von Nase kneifen bei aufdringlichem Betteln bis zum Knuff mit dem Ellbogen. Um mich zum Treten zu bewegen, muss ein Zausel schon ziemlich dickfellig mit mir umgehen am Anfang…

Menschen die wütend draufloshauen und dann mit dem Argument des pferdischen Umgangs miteinander kommen – wissen wir nicht, dass die im Leben genauso wenig in der Lage sind, bewusst zu handeln?

Tania, ich denke deine Angst vor deiner Wut ist das Basic Problem. Wut hat aber auch viel Energie. Energie, mit der man Fehler, die einen sonst immer wieder lähmen, anpacken und ausmerzen kann. Wenn ein Pferd mich kennt, kann es mit mir umgehen. Wenn es dabei die Grenzen wiederholt überschreitet, darf ich auch wütend sein und es wird dieses richtig interpretieren, denn es hat Gerechtigkeitssinn. Aber es gibt diesen Unterschied zwischen Wut und Wut: kurze heftige Reaktionen, direkt und spontan; und ungerechtfertigtes Ausrasten, mit dem das Faß, was nur am überlaufen war, gleich komplett ausgekippt wird.

Ups, wiedermal sehr lang…. ciao biba

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Lang schon, aber dabei wichtig und gut! Da steckt viel Denkstoff in dem, was Du schreibst.

Berührt hat mich „deine Angst vor deiner Wut“, denn damit triffst Du einen sensiblen Punkt. Ja, es stimmt, ich habe Angst vor meiner Wut, weil meine Wut mich schon so manches Mal Sachen machen lassen hat, die ich hinterher wirklich bitter bereut habe. Ich habe deshalb stetig an meiner Selbstkontrolle gearbeitet, das war wichtig und ich bin froh, dass es mir immer besser gelingt, die Energie in mir in die richtige Richtung zu steuern.

Schön finde ich Deinen Hinweis, dass auch Pferde lernen, uns zu nehmen. Ich denke, da hast Du recht. Das darf natürlich auch wieder nicht alles entschuldigen, aber ich habe auch schon so manches Mal die Nachsicht meiner Pferde mit mir gespürt.

Herzlich,
Tania von „Wege zum Pferd“

 

Von no0815girl • 2. Juni 2009

Ich denke, „Strafen“ kann man ein Pferd schon, aber eher so, wie Therese das beschreibt. Mir ist oft in den Sinn gekommen, dass man ein Pferd auch wie ein Pferd behandeln soll und wenn es dann zu sehr auf die Pelle rückt zB, kann man auch mal einen Klaps auf die Nase geben. Also sich so verhalten, wie sich ein Pferd an meiner Stelle verhalten würde. Wenn da ein Pferd genervt ist und der Nervende sich durch Drohen (bei uns vielleicht ein Stimmkommando, nein! o.ä.) nicht davon abhalten lässt, kann man auch mal „Gewalt“ anwenden.
Oder dann die andere Form von Strafe, dass man dem Pferd das unerwünschte Verhalten unangenehm macht (du willst nicht in den Hänger? Gut dann trabst du halt in einer engen Volte um mich herum…).
Auch die Peitsche finde ich je nach Situation sinnvoll, ich hatte zB manchmal Probleme beim Angaloppieren und anstatt dann eine Volte im Renntrab zu machen und irgendwann in Galopp überzugehen, benutzte ich lieber im richtigen Moment die Peitsche, sodass der Galopp aus einem ruhigen Trab entsteht. Allerdings war das dann wohl eher Unterstützung meiner Unzulänglichkeit. Trotzdem schien mir das die bessere Variante für Pferd und Reiter, denn wir kommen ja nicht alle als perfekte Reiter zur Welt 🙂

_________________________

Herzlichen Dank für Deine Gedanken zu diesem Thema!

Lieber Gruß von
Tania

 

Von Sylvia • 27. Februar 2012

Grundsätzlich muss ich sagen, dass ich den Begriff „Strafe“ als sehr hart empfinde und ihn lieber in „Grenzen setzen“ umwandeln würde. Denn wenn ich die Beiträge lese und an Situationen denke, in denen ich auf ein unerwünschtes Verhalten reagiere, geht es ja meist darum zu siganalisieren: stopp, das möchte ich jetzt so nicht! Ich persönlich kann mir einen emotionslosen Umgang mit einem Pferd gar nicht vorstellen und ich denke, dass man einem Pferd auch nicht vorspielen kann, dass man emotionslos ist, wenn man gerade unzufrieden oder sauer ist.
Sicher ist es immer von der einzelnen Situation und der Persönlichkeit des Pferdes abhängig, wie stark ich reagiere. Aber gerade, wenn ein Pferd z.B. mal beißt, reagieren die meisten von uns sicher aus Reflex und Selbsterhaltung und das sollte ein Pferd uns auch zugestehen.
Wichtig finde ich immer nur, wie Anita auch schon erwähnte, dass wir in unserem Handeln immer klar sind, angemessen reagieren und dass das Grenzensetzen nichts mit Gewalt zu tun hat.

 

Von Motte • 27. Februar 2012

Meine Pferde werden nie gestraft, aus Sicht des Pferdes (wie schon oben erwähnt) ist alles richtig was es gerade tut. Es gibt bei unerwünschtem Verhalten einen kurzen Rüffel und sofort darauf ein nettes Wort und eine kurze Streicheleinheit.

Diese Art der Kommunikation hat aus meinem büffeligen, ungezogenen Haflinger, den ich vor einigen Jahren als sogenanntes „schreckliches Pony“ übernahm, in kürzester Zeit ein sensibles, nettes Pony gemacht, dass sich bemüht alles richtig zu machen.

Pferde wollen ihre Grenzen kennen, sie brauchen als Beutetiere Schutz und müssen vertrauen können. Strafen
zerstören dieses Vertrauen, da Strafen in den meisten Fällen ungerecht und für das Pferd nicht verständlich sind.

 

Von Iris • 27. Februar 2012

Hallo Tanja
Ich denke, der Begriff „emotionslos Strafen“ ist für die Menschen gedacht, die gerne in einem Wutanfall über ihre Pferde herziehen, wenn die nicht das Gewünschte gezeigt haben. Wenn dann wenigstens emotionslos und kurz gestraft wird, und der Mensch seine Fassung einigermassen behält, ist das wohl schon eine kleine Verbesserung.
Aber natürlich ist es unendlich viel besser, überhaupt nicht zu strafen! Man könnte es auch als „neutrale Korrektur“ „konsequente Reaktion“ oder „Erinnerung“ bezeichnen. Bei der Pferdeerziehung ist es ja wichtig, dass wir konsequent, verlässlich, voraussehbar sind. Also wenn ich zum Beispiel möchte, dass das Pferd an meiner rechten Seite geht beim Spazieren, dann soll es diese Position selbständig einhalten. Jetzt hat es aber links etwas interessantes gesehen und wechselt hinter mir einfach die Seite. Mir kommt es natürlich nicht im Traum in den Sinn, es zu bestrafen, sondern ich winke hinter mir mit der Gerte und klopfe leicht an seinen Hals, um ihn zu erinnern, dass ich möchte, dass er rechts von mir läuft, und um ihm zu sagen, dass das immer noch gilt. Er hat sofort seinen Platz wieder eingenommen und ich war so stolz auf mein gescheites liebes tolles Pferd. Als er brav an seinem Platz war, bin ich dann doch mit ihm in die Richtung, die ihn interessiert hat und hab ihn schauen lassen. (Er wird in zwei Wochen drei und wir sind gerade in den neuen Stall gezogen).
Liebe Grüsse
Iris

 

Von Beere • 27. Februar 2012

Hallo,
ich meine ‚emotionslos strafen‘ ist falsch.
Richtig – für mich – müsste es heissen:
emotionslos korrigieren. Das ist doch das, was wir infolge eines ‚Fehl’verhaltens des Pferdes tun (sollten/wollen).
Bei wirklicher Strafe, meine ich, gehört die Emotion doch wohl dazu – wie soll uns Herr/Frau Pferd das sonst abkaufen, wenn sozusagen nichts! dahinter steht – wo sie uns doch soviel besser lesen können, als wir sie.
Und da Strafe nicht so genau zu definieren ist, dann doch lieber ohne Emotion korrigieren (üben).

LG

 

Von Carola Schlanhof • 27. Februar 2012

Strafe ist ja eindeutig definiert: Sie führt dazu, daß das bestrafte Verhalten seltener ausgeführt wird.

So betrachtet sollte es sehr zu denken geben, wenn rumbrüllen oder prügeln, da es die ersehnte Aufmerksamkeit bringt, zur Belohnung wird.

Strafe ist außerdem ja immer eine Konsequenz eines Verhaltens, kommt so betrachtet also sowieso zu spät.

Verhalten unterbrechen ist manchmal notwendig. Wenn ich dabei Gewalt gebrauche, liegt es üblicherweise bei uns an mangelnder Vorbereitung durch mich oder unerwartete Einflüsse, die ich nicht einkalkuliert habe, rettet also zwar die Siuation (speziell in echten Gefahrensituationen), ist aber ein deutlicher Hinweis, daß zuvor etwas schiefgelaufen ist. Und ist ein deutlicher Hinweis, woran wir arbeiten/trainieren sollten.

Viele Grüße

Carola – leider auch noch weit von der Perfektion entfernt

PS >Emotionales Strafen< ist meistens eine Belohnung – für den Trainer, der so seinen Frust abreagieren bzw. sowas wie Rache üben kann. Deshalb ist es so schwer abzustellen.

 

Von Tania • 27. Februar 2012

Hallo Ihr,

ich freue mich sehr darüber, wie „anders“ Ihr das alle seht. Ganz allgemein wird, zumindest wenn ich mir so die Pferdewelt anschaue, noch immer sehr, sehr viel gestraft. Nicht nur die eigenen Pferde bekommen „eine geknallt“, wenn sie „Blödsinn“ machen, sogar fremde Pferde werden leider vollkommen selbstverständlich körperlich gestraft. Es ist schön zu lesen, dass immer mehr in dieser Sache andere Wege gehen!

Tania

 

Von Anna-Lisa Weiß • 5. Juli 2013

Hallo!

Das alles trifft genau den Punkt, der mich schon länger beschäftigt. Ich habe oft Probleme die Geduld zu bewahren und meine Wut zu kontrollieren, wenn mein Pferd an einem Tag Dinge nicht mehr kann, von denen ich es weiß, dass es diese eigentlich kann (z.B. nur noch hetzend durchs Gelände trappelt und enoch mit ine Reduktion des Tempos nur noch mit Kraft geht).

Situation von heute:

Ich mache einen Spaziergang mit Pferdi und uns kommt ein Traktor entgegen. Ich weiß, dass er Traktoren nicht mag, aber in letzter Zeit hatte ich das Gefühl, dass diese Angst wesentlich besser geworden ist (z.B. war vor ein paar Tagen auf dem Reitplatz nur noch ein Zaun zwischen dem Traktor und ihm und er hat nicht einmal gezuckt). Man muss dazu sagen, dass er ca. einen Meter vom Traktor entfernt lief und rechts und links Feld waren, also keine Ausweichmöglichkeit. Mit verängstigten Augen dreht er sich mit voller Wucht um, ich versuche ihn zu halten, aber hatte keine Chance. Er rennt ein Stück in Richtung Heimweg (immerhin hielt er von sich aus wieder an!), lässt sich aber von mir nicht einfangen und läuft im Schritt ständig ein Stück vor mir weg. In dieser Situation stieg starke Wut in mir hoch, weil ich mich veräppelt gefühlt habe und dachte, er mag mich „ärgern“ (in Bezug auf das Weglaufen). Zumaöl das Gaze nicht gerade ungefdährlich war! Im Nachhinein überlege ich, ob er Angst vor Strafe hatte. Ich habe ihm dann zwei Mal mit der Gerte fest eine geklatscht und ihn ein ganzes Stück rückwärts gerichtet. Er hatte scheinbar Angst indieser Situation, aber dazu muss ioch sagen, dass ich bei ihm lieber zu grob als sanft reagiere. Er hatte was Menschen angeht schon immer ein Dominanzproblem, welches auch oft in gefährliche Situationen ausartete (überrennen u.ä.). Das ist mittlerweile gar nicht mehr so, außer in solchen Situationen, in denen ihn sein Fluchttreflex komplett überkommt. Habe ich da zu starke Angst vor Kontrollverlust und reagiere ich deshalb über? Reagiere ich überhaupt über, wenn ich ihm aus meiner Wut heraus mit der Gerte eine gebe? Das sollte ich wahrscheuinlich nur wenn es SOFORT in der Situation möglich ist tun, oder? Und danach lieber nur durcxh rückwärts richten strafen?

Ich danke im Voraus und bin gespannt!

 

Von Yvonne Zander • 5. Juli 2013

Liebe Anna-Lisa,
ich hoffe Du nimmst es mir nicht übel wenn ich hier auf Deinen Kommentar eingehe.
Zuerst ist mir aufgefallen dass Du schreibst, Du wärst sehr wütend gewesen. Nun versetz Dich in die Lage Deinen Pferdes: Er hatte Angst vor dem riesigen und zudem sehr lauten Ungetüm, eigentlich wäre er gerne nach Hause gerannt, da fühlt er sich sicher. Doch Du warst auch noch da, scheinbar ist eure Beziehung soweit gefestigt, dass Du ihm etwas Schutz bieten kannst. Also blieb er stehen, doch dann nahm er Deine heftigen Gefühle wahr. Nun, ich würde nicht zu jemandem gehen der wütend ist, schon gar nicht, wenn ich grad nen großen Schreck hatte.
Du versuchtest ihn einzufangen, er wollte nicht mit den Emotionen in Berührung kommen. Irgendwann hattest Du ihn, und hast ihn dann auch noch geschlagen. Dies bezieht Dein Pferd direkt auf das Einfangen lassen, denn das Weglaufen ist zeitlich gesehen zu weit weg, damit bringt er die Züchtigung nicht mehr in Verbingun. Und so behielt er recht, nicht zu Dir zu kommenn wäre besser gewesen. Nächstes Mal wird er lieber weiter weg laufen und sich noch weniger fangen lassen.
Der Fehler liegt hier in der Übertragung menschlichen Denkens in das Pferd. Pferde leben im Hier und Jetzt, Menschen oftmals in der Vergangenheit oder Zukunft, uns fällt es schwer uns auf die Gegenwart zu konzentrieren. Nun hat Dein Pferd gar nicht mehr an das Monster gedacht, sondern nur noch an Dich und Deine Emotionen, Du warst aber in Gedanken noch beim Weglaufen und ärgerst Dich über die Dauer des Einfangens. Dies alles kam in der Züchtigung zum Tragen, dies versteht das Pferd jedoch nicht. Eigentlich hätte Dein Pferd alles Lob der Welt bekommen sollen, wenn es trotz der beängstigenden Situation und Deiner negativen Gefühle zu Dir zurück kommt!
Ich hoffe diese Zeilen konnten Dir etwas helfen.
Viele Grüße,
Yvonne

 

Von miriam • 5. Juli 2013

hallo,

was für eine traurige geschichte, von der anna-lisa berichtet.
angst würde ich nie strafen.
angst hat auch nichts mit einem dominazproblem zu tun. gegen angst hilft wohl nur vertrauen. dein pferd hat dich aus seiner angst heraus umgerannt, nicht weil er dich dominieren wollte. Und wie Yvonne schon schreibt, er ist vor deiner wut, deinen negativen emotionen davon gelaufen, zu recht! und dafür wurde er dann mit schlägen von dir gemaßregelt, unglücklicher und ungerechter hätte die situation wohl nicht sein können.
sei mir nicht böse, aber ich glaube du wirst noch an dir arbeiten müssen um diese ungerechtigkeit in den griff zu bekommen.
lieben gruß und euch beiden alles gute, miriam

 

 

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