WIE sagt mein Pferd ja oder nein?

Wer meine Blogbeiträge schon länger liest, weiß, dass ich mich immer wieder mit dem Thema befasse, ob ein Pferd ja oder nein sagt, ganz allgemein oder auch in einzelnen Bereichen (s. dazu auch meinen Blogbeitrag (Ja- und Nein-Sager). Meiner Erfahrung nach lassen sich die meisten Pferde dazu von ihrer Grundtendenz her einordnen, sie reagieren also entweder eher offen und positiv auf alles, was von außen kommt oder eher zurückhaltend bis ablehnend. Damit eine solche Einteilung aber nicht zu holzschnittartig wird, ist es wichtig, sich immer wieder zu fragen, WIE ein Pferd eigentlich ja oder WIE es nein sagt.

Mir wird nämlich immer bewusster, dass es große Unterschiede sowohl in einem Ja als auch in einem Nein gibt, und ich werde meinen Pferden nur dann wirklich gerecht, wenn ich ihr Ja oder Nein genau so differenziert wahrnehme, wie es geäußert wird. Mehr noch, meine eigene Reaktion wird auch durch die Qualität eines Jas oder eines Neins meines Pferdes beeinflusst. 

Schauen wir uns also mal an, welche Qualität so ein Ja oder Nein jeweils haben kann.

Die verschiedenen Arten, Ja zu sagen

Die meisten Pferdemenschen würden wohl das Ja eines Pferdes vor allem so definieren, dass es mitarbeitet, den Hilfen folgt und letztlich das tut, was der Mensch gerne möchte. Lassen wir das an dieser Stelle einmal so stehen (obwohl es lohnenswert sein könnte, allein schon diese Grunddefinition einmal in Frage zu stellen, aber das ist Stoff für einen anderen Blogbeitrag…) und schauen wir uns an, WIE ein solches Ja zur Mitarbeit des Pferdes aussehen kann. Dazu einige Beispiele (es gibt noch viel mehr Spielarten!):

  • Ein Pferd kann freudig ja sagen, verbunden mit Lust und Motivation. Das Pferd erwartet etwas Gutes und hat Spaß an der Aufgabe. 
  • Das Ja kann gestresst sein und zwar grob zu unterscheiden in:
    • negativem Stress ausgelöst durch Angst vor negativen Folgen (das Pferd wurde in der Vergangenheit dafür bestraft, dass es nicht schnell genug reagierte oder Fehler machte u.ä.)
    • und positivem Stress, den man z.B. bei Pferden sehen kann, die geclickert werden und bei denen zu wenig auf Ruhe und Entspannung geachtet wird – diese Pferde haben so viel Freude an der Arbeit, dass der Energielevel so stark ansteigt, dass sie hektisch und hibbelig werden.
    • Stress kann darüber hinaus ausgelöst werden durch nicht-artgerechte Haltung (z.B. oft zu sehen bei reinen Boxenpferden, ausgelöst durch zu wenig Bewegung und Ausgleich mit Sozialkontakten) oder auch in der Persönlichkeit und Geschichte des Pferdes begründet sein (Rasse, starke Unsicherheit, vergangene Erfahrungen usw.).
  • Ein Ja kann auch ein resigniertes Ja sein. Sehr viele Pferde tun, was man von ihnen will, aber sie tun es ohne Freude, ohne Engagement. Sie haben die Erfahrung gemacht, dass Weigerung Strafen bedeutet, und sie haben aufgegeben, einen eigenen Willen zu zeigen. Sie machen zwar mit, aber haben innerlich gekündigt und betreiben Dienst nach Vorschrift. 

Allein diese drei Arten, ja zu sagen, zeigen wie unterschiedlich ein Pferd mitarbeiten kann. Dass ein Pferd macht, was man von ihm will, heißt noch lange nicht, dass es das gerne tut. 

Die unterschiedlichen Qualitäten eines Neins

Ein Pferd kann auf viele Weisen nein sagen: Es dreht vielleicht den Kopf weg, wenn es gehalftert werden soll oder es läuft weg, wenn es von der Weide geholt werden soll. Es verweigert Hilfen, reagiert nicht auf Impulse und tut nicht, was der Mensch möchte. Im schlimmeren Fällen wehrt es sich gegen den Menschen, beißt, tritt, steigt oder Ähnliches.

Genauso vielfältig wie sich das Nein eines Pferdes äußern kann, so vielfältig können auch die Ursachen dafür sein. Hier auch einige Beispiele dafür:   

  • Ein Nein aus Angst – Das Pferd zeigt Angst oder gar Panik (wovor auch immer), erstarrt und geht z.B. nicht weiter vorwärts oder flüchtet. 
  • Ein „Jetzt-gerade-nicht-Nein“ – Das Pferd hat zum Beispiel gerade Futter bekommen und mag sich nicht halftern lassen, weil es fressen will. 
  • Ein „So nicht“-Nein – In diesem Fall sagt das Pferd zu der Art, wie mit ihm gerade im Moment oder ganz allgemein gearbeitet wird, nein, nicht aber grundsätzlich zu allem. Ein solches Pferd läuft vielleicht gerne vor der Kutsche, verweigert aber die Arbeit in der Reitbahn.
  • Ein „Nicht mit dir“-Nein“ – Dieses Nein zeigt sich am deutlichsten, wenn ein Pferd Angst vor einer Person hat (z.B. vor dem Tierarzt, weil es ihn mit Schmerzen verbindet oder vor einem Ausbilder, der es misshandelt hat). Dieses Nein kann sich aber auch so zeigen, dass ein Pferd z.B. mit einer Reitbeteiligung gerne springt, das aber bei der Besitzerin verweigert oder mit seinem Besitzer locker ins Gelände geht, aber bei der Reitbeteiligung schon am Hofausgang stehen bleibt. 
  • Ein „Ich will gar nicht mehr“-Nein – Diese Art des Neins zeigt sich je nach Typ in zwei Extremen: Mit einem solchen Nein gibt das Pferd entweder komplett auf (lässt sich also z.B. schlagen und reagiert nicht mehr) oder es wird aggressiv. Es erwartet nichts Gutes mehr von Menschen und ist bereit, gegen jeden anzugehen, der etwas von ihm will. 

Für mich bietet die Beschäftigung mit der Frage, wie ein Pferd jeweils ja oder nein sagt, sehr viel Denk- und vor allem Fühlstoff. Sie begleitet mich seit einiger Zeit im ganz praktischen Pferdealltag und ich merke, dass mir die Frage nach dem Wie ganz viele Anregungen für einen besseren Umgang mit Pferden und einem schöneren Miteinander schenkt.

Nehmt diese Frage doch einmal selbst mit, wenn Ihr zu Eurem Pferd geht, und schaut, was Euch auffällt.

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6. Dezember 2016 von Tania Konnerth • Kategorie: Erkenntnisse, Umgang, Verhalten 22 Kommentare »

 

22 Reaktionen zu “WIE sagt mein Pferd ja oder nein?”

 

Von Tanja • 6. Dezember 2016

Ich mag eure Seite, ich habe hier schon sehr oft auf offene Fragen eine Antwort für mich gefunden. aber bei diesem Text (und auch immer mal wieder bei anderen) fehlt mir hier etwas… ich habe das Gefühl gerade solche Texte lassen jemanden der vielleicht eine bestimmte „Erwartungshaltung“ an sein Pferd hat als „schlecht“ oder „nicht so gut“ dastehen. auf was zielt dieser Text ab? das ich dem nachkomme was mein Pferd mir sagt? z.b. das ich es lasse es zu halftern wenn es den Kopf wegdreht? ich finde diesen Text verwirrend und ich finde keine Antworten – nur noch mehr Fragen.

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Liebe Tanja,

vielen Dank für Deine Rückmeldung. Tatsächlich sehe ich „Verwirrung“ als Reaktion auf einen solchen Artikel nicht als etwas Schlechtes, auch wenn ich nachvollziehen kann, dass das Gefühl selbst erst einmal nicht so toll ist. Ich habe für mich festgestellt, dass Verwirrung oft der Punkt ist, an dem sich Türen öffnen können, weil das, was man bisher für sich als gut, richtig oder wahr annahm, Sprünge und Risse oder zumindest ein Fragezeichen bekommt…

Meiner Ansicht nach sind wir hier an einem ganz entscheidenden Punkt, der wesentlich beeinflusst, wie wir mit unseren Pferden umgehen (wollen): Gestehen wir ihnen Meinungsäußerungen zu oder nicht und wie gehen wir damit um, wenn uns das Pferd signalisiert, dass es etwas nicht will. Und, ja, da muss jeder seinen eigenen Weg finden, eine klare Antwort von außen kann es, denke ich, nicht geben.

Herzlich,
Tania

 

Von Heike • 6. Dezember 2016

Hallo Tania,
vielen Dank für diesen Artikel!
Mein Fjordpferd hat mich noch ein sehr wichtiges „Nein“ gelehrt:
„Das ist mir zu schwer, ich will das nicht“. Sobald ich es ihm leichter gemacht habe, sei es durch das Lösen körperlicher Blockaden oder kleinschrittigeres Vorgehen, wurde aus dem Nein sofort ein „Ja so kann ich das machen“.

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Sehr gute Ergänzung, danke, Heike!!!

Lieber Gruß,
Tania

 

Von Tine • 6. Dezember 2016

Liebe Tanja,

vielen Dank für deinen Artikel. Ich finde es sehr wichtig, auch den Pferden verschiedene Gründe und Motivationen und Qualitäten für Nein und Ja zuzugestehen. Ein „Nein ich kann nicht“ ist etwas anderes als ein „Nein ich bin mir nicht sicher“ und ein „Ja das mag ich“ ein anderes als ein „Ja wenn es sein muss“… Auf alle Äußerungen mit den gleichen Ansätzen zu reagieren wäre genauso fatal wie sie einfach zu ignorieren. Und zu wissen was das eigene Pferd ausdrucken will, ist ja auch im Umgang mit anderen sehr wichtig und entscheidet zum Beispiel darüber, ob ich jemanden sagen kann „Ja, du kannst gerade vorbei gehen“ oder auch „Nein! Aus dem Weg, sofort…“. Ich erlebe so oft, wenn meine Stute einen Satz zur Seite macht oder austritt, dass wir sehr ungläubig betrachtet werden, so nach dem Motto „aber die ist doch immer so lieb und neugierig“.

Danke.

 

Von Laura • 6. Dezember 2016

Ich schließe mich mal Tanja an – ich weiß nicht so ganz, was mir dieser Text vermitteln möchte. Nein ist erstmal eine ganz normale Reaktion auf etwas Neues, wenn ich meinem Pferd dann das Neue erklärt habe, findet sie es meistens sehr spannend und sagt Ja dazu. Nehmen wir doch einfach einen konkreten Fall: Vor ein paar Tagen gab es einen neuen Ballen Heu, eine Stunde später kam ich mit dem Halfter an und mein Pferd hob kurz dne Kopf und fraß dann weiter (normalerweise kommt sie auf mich zu). Klar ist das ein „Nicht jetzt“, aber ich kann ja nicht warten, bis sie fertig ist, dann stünde ich vermutlich heute noch dort – und ich als Mensch weiß ja sogar, dass das Futter nachher noch genauso da ist, sie also nichts „verpasst“. Wie soll ich denn mit diesem Nein umgehen? Mich drüber hinwegsetzen? Nach Hause fahren?
Die Situation ist banal und bei anderen Situationen denke ich durchaus auch über das Nein nach, aber das gibt ja noch keine konkrete Handlungshilfe – noch eine zweite Situation, um mein Problem zu verdeutlichen: Mein Pferd hatte Angst vor dem Sattel, also habe ich zu trainieren begonnen, mich also über ihr „Nein“ zum Sattel hinweggesetzt und heute verbindet sie auch dank dem Clicker den Sattel mit etwas Positiverem – mir fehlt hier einfach der Ansatz, dass ein Nein nicht immer ein Nein (und umgekehrt gilt das natürlich auch für das Ja) bedeuten muss.

 

Von Fuchs • 7. Dezember 2016

Liebe Tanja.
Vor 2 Wochen habe ich die ersten Signale des nein sagen’s meiner sensiblen Stute übergangen !! Ich wollte mich durchsetzen . Ich habe meine Stute fast 4 Jahre und ich kenne sie sehr gut . Was mich an dem Tag getrieben hat , ich weiss es nicht .
Durch ihre Angst ( wovor auch immer ) wollte sie nur noch zurück nach Hause zu ihren Freunden !!
Ich sah nur noch den einen Ausweg, ein Sprung vom galoppierenden Pferd zu machen…..

Jetzt habe ich eine sehr schwere Verletzungen am Bein und habe ganz schlechte Prognosen für meine Passion

Hört immer auf euer Pferd und das Bauchgefühl.

 

Von Tanja • 7. Dezember 2016

Ich möchte mich dem Text von Laura anschliessen.Ich versuche auf die Signale meines Pferdes zu achten und wenn es gerade keine „gefährliche“ oder kritische Situation ist, darf er natürlich „ja“ oder „nein“ sagen.
Aber es ist im Alltag oft schwer, immer auf die Bedürfnisse der Pferde Rücksicht zu nehmen. Das beste Beispiel (wie Laura bereits geschrieben hat) ist das Futter. Natürlich findet es jedes Pferd blöd, vom Futter weggeholt zu werden. Da kommt in den meisten Fällen ein „nein“. Aber wie soll ich mich dann verhalten? Ich kann nicht so lange warten bis er mit dem Fressen „fertig“ ist. Er hat beidseitig Spat und Kissing Spines und gerade im Winter hat man den Eindruck, dass er sich am liebsten gar nicht bewegen möchte. Aber das wäre fatal und er muss laufen. Ich passe das Training immer täglich an seine Verfassung an, aber es gibt Tage da komme ich mir vor wie ein Tierquäler. Ich finde es in vielen Situationen sehr schwierig auf ein „Nein“ von meinem Pferd „Rücksicht“ zu nehmen.

Viele Grüsse
TANJA

 

Von Verena • 7. Dezember 2016

Mir gefällt der Text. Einige Reaktionen darauf finde ich sehr bezeichnend – warum muss eine Beobachtung immer gleich auch eine bestimmte Handlungsweise vorschreiben? Natürlich muss ich auch auf ein Nein vom Pferd manchmal mit einem: „ich habe dich verstanden – aber wir machen das trotzdem“ reagieren. Eben in einem Fall, wo es wichtig für die Gesundheit ist. Mir fällt dabei immer ein, dass Menschen ein Arbeiten auf Augenhöhe so oft mit Gleichberechtigung verwechseln. Wichtig ist doch einfach, dass Menschen erstmal überhaupt lernen, dass auch ein Pferd viele verschiedene Ausdrucksweisen hat, die berechtigt sind und auf die wir reagieren sollten. Aber ebenso wichtig ist es zu verstehen, dass es meist mehrere Wege gibt zu reagieren. Was auch wichtig ist. Ebenso wie ich mal Rücksicht darauf nehmen kann, dass Pferd grade frisst, unleidlich ist oder was auch immer, erwarte ich auch von meinem Pferd, dass es für mich mal erst später frisst (es trägt davon keinen Schaden). Ausschlaggebend ist doch, dass es immer ein aufmerksames Geben und Nehmen ist, was ein respektvolles Miteinander ausmacht, oder?

 

Von Kelly • 8. Dezember 2016

Hallo Miteinander,

ein -wie ich finde- sehr gelungener Artikel, der zum Nachdenken anregt. Ich glaube, es kommt häufig darauf an, mit einem „Nein“ konstruktiv umzugehen. Die Lösung ist es sicherlich nicht, auf dem Absatz kehrt zu machen und das Pferd „stehen zu lassen“. Sondern stattdessen, das Nein zur Kenntnis zu nehmen und versuchen das Pferd UMZUSTIMMEN. Das klappt nämlich tatsächlich :-), wenn Pferde erfahren haben, dass die Beschäftigung mit dem Menschen neue Abenteuer bereit hält und spannend ist. Es geht nicht darum, sich durchzusetzen, sonder vielmehr darum, dem Pferd mitzuteilen: „Ich hab was viel Besseres als das Heu (oder den Kumpel/oder die Weide), komm doch mit mir :-)“.

Viele Grüße. Kelly

 

Von Tania Konnerth • 8. Dezember 2016

Hallo, Ihr Lieben,

ich hatte mich bewusst zurück gehalten und freue mich sehr über die schönen Denkanstöße dazu, wie man eben auch mit einem Nein umgehen kann.

Auch für mich heißt ein „Nein“ nicht, dass ich dann alles sein lasse, sondern je nach Qualität des Neins ist meine Reaktion.

Herzlich,
Tania

 

Von Rebecca • 9. Dezember 2016

Hallo Allerseits, ich schließe mich insbesondere den Beiträgen von Verena, Kelly und Tania K. höchstselbst an 😉 Ich finde es SEHR spannend überhaupt erst einmal ein Nein zu erkennen, und dann zu reagieren. Es bereichert unser Miteinander sehr. Und natürlich gibt es Situationen, z.B. ein Zeitrahmen der mir als Mensch bekannt ist, wo ich mich „durchsetze“, aber eben auch eher auf die Art „guck mal, ich hab da noch was im Angebot für Dich…“. Auch das „Ja, das und das möchte ich jetzt mit Dir machen / anbieten“ von Seiten des Pferdes als Angebot als mich ist immer wieder fantastisch, manchmal kann ich mich über „Angebote“ kugeln vor Lachen. Das „Durchsetzen“ meinerseits führt bei mir fast immer zu Bauchschmerzen, wenn ich seinen Blick sehe, oder eben auf etwas bestehen muss, ihm nicht seine freie Entscheidung in dieser ohnehin schon so reglementieren Pferd-Mensch-Welt lassen kann, aber ich glaube wiederum daran, dass er verstehen kann, warum das jetzt so ist/sein muss, dass ich immer bemüht bin ihm sein Leben so passend wie möglich zu gestalten, und dass ein neuer Tag danach auch wieder neue Möglichkeiten gibt…

 

Von Chrisa • 9. Dezember 2016

Hallo Tania, hallo an alle,
der Artikel – zusammen mit den Kommentaren – hat mich doch auch zum Nachdenken angeregt. Interessanterweise haben sich die Kommentare alle auf das „Nein“ eingeschossen. Natürlich ist es wichtig, zu erkennen, wenn und warum ein Pferd nein sagt und entsprechend damit umzugehen.
Aber meines Erachtens gehört den „Jas“ mindestens soviel Aufmerksamkeit geschenkt – eben damit die Pferde keine „Automaten“ werden, die nur abspulen, weils dafür ein Leckerchen gibt. Sondern damit die Pferde Partner sind/werden/bleiben, die gerne mit dem Menschen zusammenarbeiten.

 

Von Micki • 9. Dezember 2016

Hallo Allerseits,
meine Stute wohnt in einem Offenstall mit 22 anderen Isi- Stuten.Es gibt 4 Türen in der Stallgasse durch die ich sie hineinführen/schicken kann. Am Anfang vermittelte man mir den Eindruck: Wenn du die Tür öffnest – muss sie hindurch, du musst das druchsetzten, denn du bist „die Leitstute“. Blieb sie vor der geöffneten Tür stehen, musste ich Druck machen. Damit haben wir uns beide nicht wohl gefühlt. Dann bin ich einfach eine Tür weitergegangen und es gab kein Problem, denn dort standen Pferde in ihrer Ranghöhe. Ich überlasse ihr die Entscheidung, durch welche Tür sie gehen möchte. Denn dann hat sie keine Stress. So kann man, wenn man über ein „Nein“ nachdenkt, Vertrauen schaffen und es nicht zerstören.

 

Von Dakota Conny • 12. Dezember 2016

Ihr Lieben,
auch ich denke es ist überhaupt erstmal wichtig ein JA oder NEIN zu erkennen. Also ich mein Pferd vor 4 Jahren bekommen habe, habe ich sein NEIN weder bemerkt noch überhaupt gecheckt. Der hat wunderbar „funktioniert“. Der sagt doch nicht NEIN – der macht doch alles.

Heute sehe ich vieles sehr viel besser – hoffe ich. Wo ich früher gesagt habe: Zappel nicht rum, sehe ich heute seine Unsicherheit. Und was bringt mir des?

Ich kann viel besser auf ihn eingehen. Und ich weiß ganz sicher, wenn mein Pferd ruhig und entspannt ist, habe ich keine Probleme ich Form von Widersätzlichkeiten zu erwarten. Dann geht alles LEICHT.

Und das finde ich wunderbar und ein riesiges Geschenk 🙂

 

Von Susi • 13. Dezember 2016

Ich freue mich sehr wie viele von euch auch so schöne Erfahrungen mit dem sensibleren Wahrnehmen von jas und neins gemacht haben. Ich kann aber uch ein Stück weit mit Laura und Tanja fühlen, denn in den Anfängen mit meinem Pferd ging es mir auch oft so, dass ich bei vielen Anregungen und Tipps nicht so recht wusste wie ich damit umgehen soll und was die Schlussfolgerungen und Konsequenzen letztendlich sind oder sein sollen. Das Interessante ist, dass man ja auf jeden Fall zum Nachdenken angeregt wird und damit ist man eigentlich schon mittendrin. Es geht auch gar nicht darum ,dass irgendjemand etwas von euch erwartet, Tanja und Laura, sondern es liegt in euren Händen, ob ihr den Faden aufgreifen möchtet oder nicht, und das ist völlig OK. Die Welt ist nicht nur schwarz und weiß oder gut und schlecht.
Ich möchte euch aber Mut machen, euch einach mal an einer Stelle darauf einzulassen und es mal zu probieren, was Es mit euch macht, wenn ihr bei neins oder jas des Pferdes genauer hinseht oder hinhört. Es geht auch nicht gleich um’s „Draufreagieren“, sondern erst mal um das Wahrnehmen. Und vielleicht erdet ihr dann an einer Stelle uch mal neugierig und wollt wissen, was passiert, wenn ihr auf ein nein anders reagiert als sonst. Es ist unheimlich spannend, finfe ich zumindest. Ja, manchmal ist es auch schmerzhaft für das eigene Ego und manchmal werden alle Pläne und Erwartungen über den Haufen geworfen. Aber meine Einstellung zum Pferd und unsere Qualitätszeit hat sich sehr geändert. Auch die Haltung meines Ponys mir gegenüber. Ich bekomme weniger neins und häufiger jas und habe auch besser gelernt neins nicht so persönlich zu nehmen (auch in meinem Nichtpferdealltag). Und mir fällt mittlerweilweile auf, dass ich für ein nein an einer Stelle, häufig ein ja an anderer Stelle bekomme oder ein Geschenk. Ob mein Pferd das früher nicht gemacht hat oder ich es nur nicht erkennen konnte, eiß ich nicht. Heute rührt es mich jedes mal zutiefst, auch noch Wochen danach. Auch ich kann nicht auf jedes Ja oder Nein immer und jederzeit eingehen, oder will es auch nicht. Lustig ist nur, dass ich mich mittlerweile nicht mehr gut fühle, wenn ich ein Nein übergehe. Liebe Laua und Taja, es ist keine Wertung, es ist keine Einteilung von Pferdeleuten in gut und schlecht (auch wenn es manchmalnso rüber kommt), ich wünsche euch, dass ihr den Mut habt mal hinzulauschen und vielleicht auch mal den Mut habt zu probieren. Dann könnt ihr immernoch sagen, dass das nichts für euch ist.
Ach ja, ganz Konkret zu euren Beispielen.
Tanja, mein Pony hat auch manchmal Phasen, wo er sich nicht so recht aufhalftern lassen will.
Er kaut dann auf de, Material rum statt rein zu schlupfen. Es ist nicht so, dass er nichts machen will, oder nicht mit von der Weide kommen will. Er würde nur gerne ohne Halfter. Das geht aber nicht, denn das würde er draußen evtl. ausnutzen und könnte gefährlich werden. Ich habe vor einem Halben Jahr dann folgendes gemacht: wir sind gemeinsam auf der Weide spaziert, ich habe ihm von außen bessere Grasbüschel zugesteckt, wir sind etwas getrabt und haben ein wenig freie Bodenarbeit gemacht, gekuschelt und irgendwann war er so weit, dass ich halftern durfte. Ja, ich habe die Zeit anders mit ihm verbracht als gedacht und anfangs musste ich meine Enttäuschung runterschlucken. Aber dann konnte ich sehen, was für ein tolles Ja ich da auf der Weide bekommen habe. Und ja, man kann auch mal unverrichteter Dinge wieder gehen, wenn man kein Ja bekommt. Erstaunlich, wie motiviert ein Pferd dann beim nächsten Mal vielleicht ist. Und ja, wenn an einem Tag der Hufschmid kommt, muss ich ein nein vielleicht auch übergehen, das ist dann auch OK. Oder ich bin rechtzeitig da und habe viel Zeit für den Fall, dass er heute nicht so recht will. Oder letztens war es nach Monaten wieder so beim Aufhalftern. Da Hab ich einfach das Aufhalftern auch geklickert. Schließlich kommt mein Pony durch Klickertraining aus 30 m Entfernung angetrabt um von selbst freudestrahlend in den Kappzaum zu schlüpfen obwohl danach anstrengendes Gassentraining folgt.
Und Laura, wenn mein Pony so hungrig ist, dass es nicht freiwillig mitgeht, dann lasse ich es tatsächlich fressen. Lustigerweise ist es mittlerweile so, dass er selbst, wenn es im Offenstall gerade Frisches Heu gibt und ich dummerweise gerade dann komme gerne kommt. Ich hab schon oft eifach nur Hallo gesagt und gedacht „sch…, schlechtes Timing“ und als ich dann wieder rausgehen wollte, kam er eilig hinterher und sagte „halt, ich will doch mit“. Trotz Hunger. OK er bekommt dann beim Putzen Heu, aber das finde ich nur fair. Und er weiß natürlich, dass ihn beim Training die Clickerleckerlis erwarten. Trotzdem hat er seinem Hungerbedürfnis nachgegeben und das ist ein ganz tolles Glücksgefühl. Vor allem wenn ich und er weiß, dass er hätte nein sagen dürfen.

 

Von Susi • 13. Dezember 2016

Sorry für die vielen Schreibfehler! Auf dem Tablett tippelt es sich irgendwie sehr viel schwieriger!

 

Von Tanja aus dem 1. Kommentar • 13. Dezember 2016

Wuahhh – ganz schön viele tanjas hier 😀 da komm ich ganz durcheinander.
Das ist jetzt mein 2. Kommentar, d.h. Der mit Großbuchstaben unterschriebene ist nicht von mir.
Ich habe jetzt ein paar tage über diesen text nachgedacht und ich muss sagen ich kann mit diesem text nicht konform gehen.
Das muss ich auch nicht und ich kann trotz meiner erwartungshaltung an mein pferd ein guter „pferdemensch“ sein.
Es gibt zig Artikel die einem sagen wie böse und ungeheuerlich es doch ist von einem pferd bestimmte dinge zu erwarten. Aber das tue ich trotzdem und ich werde auch in zukunft sein nein ignorieren und das tun was ich für das beste halte. Weil wenn wir schon dabei sind das pferd noch mehr zu vermenschlichen indem wir uns nach seinen ansagen richten, muss ich sagen: ich habe auch keinen bock jeden tag zur Arbeit zu gehen aber ich muss. Wir reden hier von i.d.r. Einer Stunde am tag wo ich von meinem pferd etwas erwarte. Eine stunde. Die restlichen 23 Stunden hat es das „schönste Leben“, kann tun und lassen was es will. Man kann auch falsche rücksicht nehmen . Und dann kommt jemand anderes zu kurz, nämlich man selbst.

 

Von Susi • 14. Dezember 2016

Dann machst du das eben so Tanja. Es geht doch nicht um gute und schlechte Pferdemenschen. Das machst du vielleicht für dich draus. Eltern haben doch auch verschiedene Erziehungsstile.
Meine Einstellung zu meinem Pony ist eben, dass ich will dass er mindestens genauso viel Freude hat wie ich, das ist das was ich für mich selbst brauche, sonst geht es mir schlecht damit. Was andere denken ist mir egal. Für uns beide stimmt es im Moment so. Und du musst für dich rausfinden was für euch passt.
Und ja ich habe mir sogar einen Pulli drucken lassen, da steht vorne drauf „Das
Leben ist kein Ponyhof“ und hinten „… außer für mein Pony“.
Und früher hatte mein Pony nach einer Stunde mit mir genug. Jetzt sagt er nach 3 Stunden: „Was, du gehst schon?“ Wenn mir jemand so etwas rückmeldet, macht mich das so glücklich, dass es mir egal ist, ob mein Pony mir nach einer halben Stunde auf dem Reitplatz mitteilt, dass ich jetzt genug geritten bin und sein noch junger Rücken jetzt erschöpft ist und wir dann einfach mit viel Freude ein bisschen Bodenarbeit oder was anderes machen. Das ist für mich schöne Pferdezeit.

 

Von Juli • 18. Dezember 2016

Hallo zusammen,
Ich kann mich Susi nur anschließen!
Ein Gedanken gang dazu: auch bei mir gibts Tage, an denen ich spät aus der Arbeit wegkomme- und dann bin ich müde und hungrig, schau kurz zum Stall, kraul bissl, mach die hufe, fütter mineralfutter und sag „sorry, das wars heute. Ich bin müd und muss heim“. Findet mein Pony manchmal auch doof. Aber genau so hat sie auch das recht zu sagen-“ sorry, grad geht nicht.“ Mittlerweile bin ich da viel ruhiger geworden dann eben auch mal nix zu machen. Oder eben was ganz
anderes.
Ich teile Susis Erfahrungen: es klappt gut. Mein ponx sagt deshalb nicht jeden ach nö… und laura: wenn sie hunger haben hole ich sie tatsächlich auch nicht vom Futter weg. Ich wäre dann auch ungeniessbar 😉 ich lade ein, das schon. Notfalls auch nach ner halben stunde oder so nochmal. Aber wenn nicht dann nicht….
Und noch ein nein gibts bei meinem Pony „ne, SO nicht. Meint: dein kopf ist zu voll und bist eigentlich noch gar nicht hier. jetzt komm mal an, ich vesper dderweil“ Wenn ich dann erstmal mich hinsetze und mir den sonnenuntergang angucke dann steht die Grosse plötzlich neben mir, dann wenn ich anfange alles andere zu vergessen und sagt „sollen wir?“
Ich erinner mich an Zeiten in denen ich auch immer dachte „es muss sein“- jeder muss selbst den eigenen weg finden. Aber probierts mal aus. Von einem mal anders reagieren macht man nicht alles kaputt… im Gegenteil, manchmal gibts uberraschungen 😉
Viele uberraschungen wünsch ich euch!

 

Von Daniela • 4. Januar 2017

Also ich denke es ist wie mit einer Freundschaft….ich vergleiche stets alles mit uns Menschen, weil wir doch recht ähnlich sind!
Mit meiner besten Freundin, bin ich auch nicht immer einer Meinung, dass ist nun mal so!
Ich möchte doch kein Pferd, dass resigniert und zu allem ja und Amen sagt!
Mein Pferd ist mein Partner!
Und wenn er mal „nein“ sagt, also ne andere Meinung hat, muss ich hinterfragen, was hast du heute?
Und dann kann ich überlegen, ob ich mein Pferd reiten, mit ihn spazieren gehe oder ein bissel Bodenarbeit Mache!
Manchmal reicht es schon einfach nur ein paar Gelassenheitsübungen zu machen!
Bei mir ist auch nicht jeder Tag gleich und auch ich sage gerne mal Zuhause oder auf Arbeit oder zu meiner besten Freundin, jetzt nicht, also Nein!
Ps habe meinem Schimmel jetzt seit einen dreiviertel Jahr und man lernt so viel von diesen Tieren, wenn man einfach zuschaut was sie so machen…..

 

Von Renate • 6. Mai 2017

Moin,

dieser Text ist für mich noch hilfreicher als der vorherige, den ich von Euch gelesen und auch kommentiert habe, nämlich „Kinder und Pferde – grundsätzliche Gedanken zu einem wichtigen Thema“.
Im Moment steht mein Kommentar und eine Kurzfassung, was ich zum Thema früher und auch gerade jetzt erlebt habe, ganz unten.

Ich möchte auch mal erzählen, was ich zum Thema, wenn Pferde Ja oder Nein sagen, persönlich erlebt habe.

Dazu kurz ein bisschen zu meinen Erfahrungen mit eigenen Pferden: 1992 habe ich die Kaltblut-Mix-Stute Nixe als erstes Pferd zu uns hinters Haus gestellt (zunächst kam ein anderes Beistellpferd dazu, das aber dann gestorben ist). Nixe ging später als Therapiepferd mit in die Reitschule meiner jüngeren Tochter. 1994 habe ich das Deutsche Reitpony Chiwa dazu gekauft. Chiwa blieb bei mir und wird heute von mir und meinem inzwischen 2. Ehemann versorgt. 1995 kam Knabstrupper Reno dazu, der später auch mit in die Reitschule meiner jüngeren Tochter ging, er eher als Schulpferd für den Western-Reitunterricht anders als die zum Therapeutischen Reiten ideale Nixe. Manchmal war er aber auch Therapiepferd. Als Reno noch bei mir war und unser Pony Chiwa an den Folgen ihres 2. Hufrehe-Schubs zu sterben drohte, kam die Holsteinerin Prima als reines Beistellpferd spontan zu uns, der ich so zufällig das Leben rettete, denn der Schlachter war schon auf dem Weg um sie abzuholen, weil sie damals bereits die 4. Käuferin abgeworfen und die dann lebensgefährlich verletzt hatte. Die Frau ihres Züchters hat mir damals erzählt, sie glaubt, schon die 1. Käuferin muss ihr was angetan haben, das dieses Pferd leider unreitbar gemacht hat.

Unsere Chiwa überlebte, Prima Chiwa und Reno waren deshalb noch eine Weile zu dritt bei mir, bis Reno dann von meiner Tochter als weiteres Schulpferd gebraucht wurde und zu ihr kam.

Als Prima bei mir ankam, sagte sie sowas von Nein, zu jedem Menschen, der auch nur in ihre Nähe kam. Sie rannte tagelang immer nur im Kreis um unsere Weide rum und ich hatte Angst, dass sie irgendwann durch die Zäune rennt und auf der Straße landet und dieses Pferd dann keiner von uns wieder einfangen kann. Das ist aber nicht passiert. Ich habe sie einfach in Ruhe gelassen. Ich wusste ja, das ist ein total traumatisiertes Tier.

Nach einigen Wochen war ich auf der Koppel und sammelte Äppel, als sie plötzlich in rasender Geschwindigkeit auf mich zurannte, eine Vollbremsung machte, nur Zentimeter vor mir stehen blieb, dann in die Luft sprang, einen seltsamen Schrei ausstieß und dann im gestreckten Galopp um unseren kleinen Auenwald rannte, um dann zu mir zurückzukommen und das ohne diesen Schrei dann mehrmals zu wiederholen. Ich dachte, das Pferd möchte mit mir spielen .. ich soll hinterherrennen, ging natürlich nicht. Aus dem Nein war ein Ja geworden. Die Pferdeflüsterer würden jetzt wohl sagen, das war mein Join Up mit Prima.
Ich habe dann angefangen, sie vorsichtig zu striegeln. Lose .. nicht an den Beinen oder am Kopf, denn das wollte sie nicht. Später habe ich mir angewöhnt, das Halfter mitzunehmen, konnte ihr das nach einer Weile auf die Nase stülpen .. später auch ganz anziehen.
Dann habe ich angefangen, sie mit in den Round Pen zu nehmen und mit ihr Freitraining oder auch draußen Hütchen- und Stangenarbeit zu machen.
Erst meine Tochter und mein 2. Mann haben sich später auch getraut, mir ihr draußen außerhalb der Weide spazierenzugehen. Ich mache das bis heute nicht. Man sollte nichts tun, was man sich selbst nicht zutraut.

Warum dieses Pferd mich fand .. vielleicht sollte ich Mut lernen, denn den braucht man bei ihr eben. Der liebe Gott hat mich ausgesucht, um einem Pferd, das ich garantiert nie hätte reiten können, weil es dazu einen Oberprofi gebraucht hätte, das Leben zu retten. Also habe ich das gemacht.

Irgendwann habe ich ein Buch von GaWaNi Pony Boy gelesen, wo drin stand, Pferde fühlen, was man denkt.

Das tut aber nicht jedes Pferd gleich gut. Prima kann das, denn dieses wilde Tier ist obersendibel.

Ich stand als da, sie war hunderte Meter von mir weg .. und dachte .. Prima komm. Und sie kam. Definitiv ein Ja, würde ich sagen.

Ich habe das auch mit Chiwa ausprobiert, da ging das nicht.

Das ist jetzt lange her gewesen.

Ein Ja ist heute bei Chiwa und Prima, wenn sie sehen, unser Auto parkt auf seinem Platz in der Nähe unserer Pachtweide, dass sie sofort zu uns hoch kommen, mit uns am Zaun entlang laufen und uns da abholen, wenn wir kommen. Wenn wir im Stall unsere Arbeit machen oder zusammen mit Freunden dort auch mal Kaffee trinken oder was essen und so, sie kommen dazu, sie schauen eine Weile zu, wollen man gestreichelt werden .. gehen auch wieder .. sind einfach da. So sagen Pferde ja.

Unsere Pferde sind alt, sie waren es gewöhnt, dass wir eher nur am Wochenende mal Bodenarbeit machen. Dazu haben sie immer ja gesagt, indem sie mit Begeisterung alles mitgemacht haben. Chiwa kann z. B. viele Kunststücke und selbst Prima, die ja erst mit 7 zu mir kam, kann inzwischen einige.

Und dann fragte uns, was ich schon beim Thema Kinder und Pferde erzählt habe, zu Weihnachten 16 eine junge Frau, ob ihre 12 Jahre alte Tochter bei uns dabei sein dürfte.

Prima und Chiwa sagten zuerst ja zu dem Kind. Wir konnten ihr gut erklären, wie Westernreiten und Western-Bodenarbeit geht. Die Pferde haben zu Anfang auch beide mitgemacht.

Das erste Nein erlebten wir dann nach ungefähr 4 Wochen Ende Januar 17. Das Mädchen kam, die Pferde rannten weg, die Große schirmte ihre kleine Freundin regelrecht vor dem Kind ab. Nach Stunden konnten wir beide einfangen. Mein Mann brachte die Große in den Round Pen, das Mädchen zog Chiwa das Bitless Bridle an, und die rannte mit den am Boden hängende Split Reins einfach wieder weg, regelrecht panisch.

Da haben wir noch gelacht und gemeint, Mensch sind die Pferde heute zickig .. bis wir begriffen haben, die sind nicht zickig, die müssen was Fürchterliches erlebt haben.

Weil diese Familie so nett war, dachten wir aber zuerst am Fremde.

Die Mutter arbeitet ständig, hat 5 Putzstellen, arbeitet vormittags auf einem Campingplatz, oft auch abends wieder und die Wochenenden durch ebenfalls von morgens früh bis mitten in die Nacht .. hält den Kontakt zu den Kindern oft nach der Schule nur übers Smartphone aufrecht. Am Wochenende nimmt sie sie samst Mann mit zur Arbeit, damit sie die Mami mal beim Frühstück oder nachts sehen. Da sind sie also nie bei den Pferden.

Wir stellten fest, am Wochenende lassen sich Prima und Chiwa von uns ohne Probleme aufhalftern, auch führen wie immer, striegeln, sind ruhig. Am Wochenende ist immer eine meiner Freundinnen da. Die Pferde kennen das seit Ewigkeiten, wenn diese Frau mit uns kommt, ist Ruhe, vermute ich. Das ist also ein Ja.

Dann in der Woche, wie der das gleiche Spiel mit Weglaufen, Pony Abschirmen.

Ich habe dann gesagt, wir müssen reden .. zur Mama. Habe dann begonnen, dass die Kleine nur noch das Pony vorsichtig erstmal führen lernen soll .. Prima vollkommen in Ruhe lassen, denn die müssen wir erstmal wieder soweit bringen, dass ihre alte Panik von damals, als sie neu zu mir kam, nicht wieder ausbricht.

Dann fiel mir auf, selbst wenn mein Mann Prima striegelt und das Mädchen Chiwa daneben, dass Prima wütend mit den Hufen stampft .. sie kann dieses Kind nicht ausstehen.

Wenn sie womöglich noch ihren Bruder mitbringt, wenden sich beide Pferde demonstrativ von den Kindern ab, sehen sie nichtmal an, obwohl die Leckerlis mithaben .. immer. Am Füttern liegt es definitiv nicht.

Bei Chiwa habe ich mal gesehen, dass sie nach dem Jungen ausgeschlagen hat, hat ihn Gott sei Dank nicht getroffen, weil er ständig kreischend hinter ihr herrannte.

Als das Mädchen Prima in den Round Pen führen wollte (nachdem wir sie endlich eingefangen hatten), riss sie sich los, sprang im hohen Bogen im Tor über das am Boden liegende Kind und rannte panisch weg.

Na ja .. ich habe ja im anderen Beitrag schon erzählt, dass ich meine Tochter um Hilfe gebeten habe, die mir gesagt hat, ich soll diese Familie schlicht rausschmeißen, sofort. Diese Kinder bräuchten wenn, dann gut ausgebildete ruhige Therapiepferde mit starken Nerven und dazu eine Reittherapeutin.

Mein Mann und ich können das nicht leisten und unsere beiden ja sowieso schon traumatisierten Pferde sind auch nicht die Pferde dazu, um die Schäden, die diese Kinder aufgrund von Vernachlässigung zu Hause haben, auszubügeln.

Die Pferde haben das Nein regelrecht geschrien, würde ich sagen.

Ich habe recht lange gebraucht, um das auch zu verstehen, weil ich anfänglich dachte, das sind andere Leute.

Die beiden Kinder kommen leider nach wie vor manchmal heimlich .. man erkennt das an vielen Details .. bisher haben sie die Tiere gottlob nicht auch noch mit giftigen Zweigen gefüttert, obwohl sie auch beim Versuch, ihnen was über Pflanzen zu erklären, genauso lernresistent waren wie bei allem anderen. Leider wachsen auch giftige Dinge in der Nähe, was mir momentan echt Angst macht.

Tja .. so haben wir das Nein unserer Pferde zu einer Mama und Kindern erlebt, wo die Mama in meinen Augen der Ansicht zu sein scheint, Pferde wären tolle Spielsachen für ihre Kinder, sich eigene oder Unterricht aber nicht leisten kann oder will, obwohl sie viel zu viel arbeitet.

Was genau die Kinder mit unseren Pferden gemacht haben oder machen, wenn wir nicht dabei sind und das sehen, weiß ich leider nicht genau .. aber sicher nichts Gutes.

Nun versuchen mein Mann und ich zu erreichen, dass dieses Nein der Pferde und inzwischen ja auch das Nein von uns auch respektiert wird .. wird schwer werden, weil diese Kinder ja nicht beaufsichtigt werden.

 

Von Andrea SB • 9. Mai 2017

Ich habe 14 Jahre lang die Gemeinschaft mit einem sehr charakterstarken Pferd genießen dürfen. Er hatte sehr klare Prioritäten. Möhren gehen über alles, dafür kann man auch beim Hufschmied stillhalten, solange welche da sind. Danach wurde es schwierig. Er musste anfangs viele deutliche „Neins“ von mir ertragen. Hufe aus der Hand reißen beim Auskratzen – geht nicht. Weglaufen beim Aufsitzen – geht nicht. Aus diesem Verhalten würde Gefahr für den Menschen entstehen. Beim Arbeiten (Dressur) habe ich gelernt, auf ihn zu hören, ihm zu vertrauen. Ich habe lange gebraucht, um zu lernen, dass er eigentlich wirklich immer mitmachen will, immer wieder, egal, welche Fehler ich gemacht habe. Aber wenn er beim Reiten nicht mehr mitmachte, ging es ihm nicht gut, war er ermüdet. Pausen waren immer hilfreich. Die Art, wie ich mit ihm am besten kommunizieren konnte, war, die Hilfengebung mit einem kleinen gedachten „Bitte“ zu versehen.
Profi-Reiter, die helfen wollten und ihm mal zeigen wollten, „wer der Herr im Hause“ war, mussten absteigen, da er seinen Widerstand immer kräftiger gestaltete, bis zum Steigen. Das hat er bei mir und Kindern, Reitanfängern niemals probiert. Wer ihn hat mitdenken lassen, besonders beim Taxieren von Sprüngen, konnte sich auf ihn 100% verlassen. Er hat nie in seinem Leben einen Reiter verloren.
Sein „Ja“ sah so aus: wenn ich beim Warmreiten am langen Zügel zu lange mit anderen gequatscht habe, hat er sich in die Mitte gestellt, den Kopf geschüttelt und mit einem Huf aufgestampft. Dann habe ich die Zügel aufgenommen und angefangen – das hat er mit kräftigem Abschnauben und viel Eifer beantwortet.
Als Boss in einer Herde von 20 Pferden hatte ich bei ihm immer das Gefühl, er trägt richtig Mitverantwortung und dafür braucht er ein bißchen Freiraum. Seinen Willen hat er sich nicht brechen lassen. Ich hab ihn sehr geliebt.

 

Von CC • 5. September 2019

Das ist ein sehr wertvoller Artikel zum Thema

Empathie (Einfühlungsvermögen) & Wertschätzung

gegenüber Pferden.

Mein Wallach galt als unreitbar.
Richtig ist, dass das Gelände sein Metier ist. Das liebt er. Er hat Bewegungsdrang und ist ein Abenteurer.
In der Reitbahn hat man ihn seinerzeit versauert.

 

 

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