Pferdeliebe?!

In den letzten Ausgaben unseres Newsletters haben wir uns mit der Frage befasst, was eigentlich Pferdeliebe ausmacht. Nach etwas kritischen Gedanken (hier nachzulesen) haben wir Ihnen als Leser/innen den Ball zugeworfen und Sie gefragt, was Sie unter Pferdeliebe verstehen. Dazu haben wir viele Zuschriften bekommen. Einige Aussagen können Sie hier nachlesen.

Noch sind wir Ihnen unsere eigenen Gedanken dazu schuldig:

Echte Pferdeliebe erfordert aus unserer Sicht:

  • ein ausreichendes Wissen über und Verständnis für Pferde und deren Grundbedürfnisse, Natur und Verhaltensweisen,
  • das Erkennen der eigenen Grenzen was Wissen und Können angeht, um sich, wo nötig, Hilfe zu suchen,
  • die Anerkennung, die Würdigung und den Respekt vor Pferden als Lebewesen mit Rechten und Persönlichkeiten mit eigenen Vorstellungen,
  • die Bereitschaft, eigene Wünsche und Ziele nicht über die Interessen des Pferdes hinweg auszuleben,
  • die Fähigkeit und Bereitschaft zur Selbstreflexion
  • und das Versprechen, ein Pferd Pferd sein zu lassen.

Viele von Ihnen haben ganz ähnliche Dinge geschrieben und wir freuen uns darüber, dass das Thema „Pferdeliebe“ mit so viel Selbstreflexion beleuchtet wird. Und manch ein Beitrag hat noch mehr Aspekte beleuchtet als wir sie angedacht haben, wie z.B. der von Meike Merle Kuhlman, den wir gerne an dieser Stelle veröffentlichen möchte – danke, Meike!

wirEin Pferd zu lieben bedeutet für mich, dass mich Glück und Freude im Umgang mit diesen wundervollen Tieren durchströmen.

Es bedeutet für mich, jede Minute der gemeinsamen Zeit zu genießen, egal ob im Gelände, bei der Longenarbeit, während gemütlicher Putz- und Kraulstunden oder beim Reiten. Mein Pferd zu lieben bedeutet für mich, ihm das Leben so schön wie möglich machen zu wollen. Angefangen bei einer artgerechten Haltung und Fütterung, über die passende Ausrüstung bis hin zu einem ethisch korrekten Umgang. Dies bedeutet für mich aber auch, dass ich mir die Zeit nehme, mir Wissen anzueignen und dabei stets bereit bin alteingesessene Meinungen kritisch zu hinterfragen. Das ist manchmal gar nicht so einfach, denn die Pferdewelt ist voll von den konträrsten Meinungen und Ansichten über das, was für ein Pferd angeblich gut und richtig ist. Und kritische Denker sind auch nicht immer willkommen!

Pferdeliebe bedeutet ebenso, den Mut zu haben, nicht wegzusehen, wenn andere Pferde schlecht behandelt werden und sich für diese einzusetzen. Pferdeliebe ist für mich nicht besitzabhängig. Es bedeutet für mich auch, dass ich es akzeptiere ein Sonderling im Reitstall zu sein, weil ich vielleicht gebisslos reite oder es grundsätzlich ablehne „auch mal hart durchzugreifen“. Ein Pferd zu lieben bedeutet für mich, im Urlaub beispielsweise NICHT auszureiten, wenn ich sehe, dass die Tiere dort nicht gut behandelt werden, auch wenn der Strand noch so verlockend erscheint. Es bedeutet für mich ebenso sehr, das Pferd nicht als ein Sportgerät wahrzunehmen, welches nach meinen Wünschen zu funktionieren hat.

Mein Pferd zu lieben bedeutet für mich, dass wir füreinander da sind. Es bedeutet für mich, dass ich mich für mein Pferd einsetze und zum Beispiel auch gegenüber den Stallbesitzern einmal konstruktive Kritik übe, wenn ich Verbesserungsvorschläge in Punkte Haltung oder Fütterung habe. Es bedeutet für mich, dass ich mich nicht darüber ärgere, wenn mein Pferd krankheitsbedingt längere Zeit ausfällt und ich vielleicht nicht reiten kann. Mein Pferd zu lieben bedeutet für mich, dass ich ihm einen schönen Lebensabend machen möchte und dass ich das Pferd nicht als Gebrauchsgegenstand wahrnehme, welcher beliebig ausgetauscht oder ersetzt werden kann.

Mein Pferd zu lieben bedeutet für mich, dass wir uns auf Augenhöhe begegnen! Es bedeutet, dass meine Bedürfnisse nicht über denen des Pferdes stehen. Es bedeutet für mich ebenso, darauf zu achten nicht anthropomorphistisch (vermenschlichend) zu sein.

Ein Pferd zu lieben bedeutet für mich, dass ich es genieße, am Koppelzaun zu stehen und den Pferden beim Spielen, Toben und Dösen zuzuschauen. Ganz egal, ob es sich dabei um mein eigenes oder um andere Pferde handelt. Pferde zu lieben bedeutet für mich, dass ich mir ein Leben ohne Pferde nicht mehr vorstellen kann!

Ganz liebe Grüße,
Meike und Snowy 

Besonders Meikes Satz Pferdeliebe ist für mich nicht besitzabhängig hat uns tief berührt. Denn er führt uns wieder zurück zu dem Grund dafür, dass wir das Thema angeschnitten haben, nämlich dass leider noch viel im Argen ist in der Pferdewelt.

Wie würde wohl die Pferdewelt – oder die Welt überhaupt – aussehen, wenn tatsächlich mehr besitzunabhängige Liebe gelebt würde?

25. November 2014 von Tania Konnerth • Kategorie: Engagement und Pferdeschutz, Erkenntnisse, Umgang 5 Kommentare »

 

5 Reaktionen zu “Pferdeliebe?!”

 

Von Julia • 26. November 2014

Was für ein toller Beitrag!!
Es tut sehr gut zu lesen, dass es so gute Menschen auf der Welt gibt, besonders nachdem ich gerade gestern wieder an der Verantwortungslosigkeit und Herzlosigkeit einiger Pferdebesitzer verzweifelt bin.
Danke, dass Ihr mich mit diesem Beitrag wieder daran erinnert hab, dass ich gerne ein Sonderling bin und ich mich lieber den Pferden verschreibe, als den Menschen und selbst wenn meine „Gutmütigkeit“ ausgenutzt wird, soll mir das egal sein. Im Rahmen meiner Möglichkeiten werde ich mich auch weiter für „fremde“ Pferde einsetzen!
Ich hoffe, dass sich dank dieses Beitrages noch viele Menschen dazu entschließen entgegen der Vorwürfe („Was interessieren dich fremde Pferde?“ „Dir ist schon klar, dass die Besitzer deine Gutmütigkeit ausnutzen?“ usw.) sich FÜR ALLE Pferde einzusetzen.

 

Von Eva • 27. November 2014

Ein schöner Beitrag, der zum Nachdenken anregt. Ich möchte einige der Gedanken, die mir beim und nach dem Lesen gekommen sind, hier teilen – auch auf die Gefahr hin, dass ich eventuell zu philosophisch werde und zu sehr von der Pferdewelt abschweife:

Der Beitrag erinnert mich an einen Text vom Dalai Lama, den ich vor Kurzem gelesen habe: Er vertrat dort vereinfacht und verkürzt gesagt die Ansicht, dass man versuchen sollte jedem Lebewesen Achtung, Respekt, Verständnis und Mitgefühl entgegenzubringen. Seine Lehre bezieht sich vor allem auf die Menschen und darauf, dass man jeden Menschen – unabhängig von Verwandtschaft, Religion, Beruf, sozialem Status, Herkunft etc. – gleich behandeln sollte und dass man jedem Menschen (auch Kriminellen beispielsweise) die Chance zur Besserung, Wiedergutmachung, Veränderung geben sollte. Dabei kommt es ihm darauf an, niemanden zu bekämpfen, sondern den Menschen zu helfen, von sich aus bessere Menschen werden zu wollen.

Zugegeben, ein sehr schwieriges Unterfangen. Ich finde es auch viel, viel einfacher, alle Tiere zu achten und zu respektieren als alle Menschen! Trotzdem finde ich seine Gedankengänge prinzipiell richtig. Und es berührt, bestätigt und begeistert mich, dass „Wir“ hier bei Wege zum Pferd Gedanken verfolgen, die vom Prinzip her so auch von einem Friedensnobelpreisträger gelehrt werden!

Ich glaube außerdem, dass wir, wenn wir fremden Pferden helfen wollen, prinipiell bei deren Besitzern ansetzen müssen. Womit man wieder bei den Menschen angelangt ist. Wie das alles am besten geht, weiß ich auch noch nicht, aber ich finde, es lohnt sich darüber nachzudenken. Wahrscheinlich ist es stark abhängig von einem selbst, der Situation und den Menschen, mit denen man es zu tun hat, ob man z. B. versucht Fragen zu stellen, die zum Nachdenken anregen, Wissen zu vermitteln, bei völlig uneinsichtigen Menschen, dem Pferd selbst etwas Gutes zu tun und/oder einfach seinen persönlichen Weg anderen vorzuleben.

Nachdenkliche Grüße an alle, Eva

 

Von Lisa • 1. Dezember 2014

Schön geschrieben Meike! Besonders schön finde ich deinen ersten Satz, das Gefühl kenne ich gut.
Liebe Grüße aus Hamburg!
Lisa

 

Von Manfred • 2. Dezember 2014

Liebe ist für mich ein von Herzen gerne Geben. Nichts kann ich erwarten oder gar in Anspruch nehmen. Liebe braucht Raum, um darin wachsen und gedeien zu können. Wird sie erwidert so ist dies ein Geschenk größten Vertauens und Zuneigung für mich.

LG Manfred

 

Von Hannah • 2. Dezember 2014

Tolles Agument!
Das stimmt 100%! Ich glaube, das wenn du ein Pferd hast, das es von
dir bestimmt gut behandelt wird, und es richtig geliebt wird!

Hannah

 

 

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