Personal Trainer

Ich glaube inzwischen fest daran, dass  Pferde so etwas wie „Personal Trainer“ sind, also Wesen, die uns etwas beibringen wollen. Und das gilt nicht nur für unsere eigenen Pferde, sondern offenbar stellen sich auch andere Pferde dafür immer wieder bereitwillig zur Verfügung.

Einer meiner persönlichen Trainer ist z.B. eine Araberstute. Ein eigentlich feines, sensibles Pferd, doch wenn sie auf mich trifft, erblassen selbst meine Hafis angesichts ihrer Stumpfheit. 🙂

Diese Stute trainiert mich regelmäßig, wenn ich mit Stalldienst, also mit Abäppeln, dran bin. Das ist ja doch eine recht anstrengende Angelegenheit, die ich manchmal einfach nur schnell hinter mich bringen will, vor allem, wenn es matschig ist, regnet oder kalt ist oder ich genervt und gestresst bin. Tja, und genau an solchen Tagen ist das Stütchen dann zur Stelle: Sie steht mir im Weg, sie geht genau dahin, wo ich gerade abäppeln will, sie rennt mich über den Haufen, weil sie unbedingt genau da lang muss, wo ich gerade bin. Wie oft bin ich schon in die Falle getappt, mich darüber aufzuregen, wütend zu werden und Rumpelstilzchen zu spielen (nein, ich habe ihr nichts getan, aber ich gebe zu, geschimpft und geflucht habe ich durchaus)! Und je mehr ich mich aufrege, desto mehr wird sie zum Ärgernis für mich.

Ganz anders die Tage, an denen ich offen und freundlich bin, an denen ich in meiner Balance bin und mir das Abäppeln nichts ausmacht. Dann ist genau dieselbe Stute vollkommen unauffällig. Vielleicht begrüßt sie mich kurz, aber sie stört mich nicht ein einziges Mal während der Arbeit.

Alles nur Zufall? Wohl kaum!

Ich bin davon überzeugt, dass Pferde Meister darin sind, unsere Stimmungen zu erspüren. Tja, und mein Personal Trainer hat es inzwischen geschafft, dass ich an Tagen, an denen ich merke, dass ich gereizt bin (meist weil ich gerade besagte Stute anmotzen will), tief durchatme, nach meinem Humor suche und alles einfach ein bisschen lockerer nehme. Und ich bekomme jedes Mal ein unmittelbares Feedback, ob ich das schaffe oder nicht, denn sie ist jederzeit zur Stelle, mir sofort wieder im Weg zu stehen, wenn es nötig ist. 😉

Ich bin mir sicher, so etwas kennt Ihr auch, oder nicht?

3. Dezember 2013 von Tania Konnerth • Kategorie: Erkenntnisse 11 Kommentare »

 

11 Reaktionen zu “Personal Trainer”

 

Von sandra • 5. Dezember 2013

Hihi.hast du von meinem pferd gesprochen? Sehr schön geschrieben. ..

 

Von Gaby • 5. Dezember 2013

O ja das klingt gut mit dem Personal Trainer. Das hast du sehr schön beschrieben. Wenn ich bockig bin, gibts gleich dieselbe Reaktion zurück. Und das ohne Weichspüler ! Das Herunterfahren der eigenen Emotionen, die in der Vergangenheit begründet liegen, ist Pflichtprogramm meines Personal Trainers sonst brauche ich gar keine Pläne umsetzen wollen. Ein klares Gemüt mit Stunde Null ist der beste Lernbaustein für mich. Mir wird heute unverblümt und sofort bewusst, in welcher Stimmungslage ich mich befinde.

 

Von Birgit • 9. Dezember 2013

Mein „Personel Trainer“ steht auch auf 4 ziemlich kurzen, stämmigen Beinen und hat einen haarigen Körper ;-).

Als ich vor 5 Jahren unschlüssig war, ob ich sie kaufen sollte oder nicht sagte meine Tochter ganz spontan: „Nimm sie, Mama, die kann da weitermachen, wo Fengur aufgehört hat!“

Und das hat sie gatan, nur nicht ganz so freundlich und liebevoll wie Fengur, sondern eher etwas rupiger und kantiger. So nach dem Motto: „Kappier´s jetzt endlich!!!“

Einen zweiten Personal Trainer hab ich noch im Stall stehen, der mich in Sachen „loslassen können, nicht alles festhalten können, nicht alles bestimmen und regeln können, nicht immer alles im Griff haben“ trainiert.

Auch er ist hart, aber herzlich. Und wenn ich ihn frage „Warum jetzt das schon wieder?“, schaut er mich aus glänzenden, strahlenden Ponyaugen an und die sagen „Damit du lernst….“

 

Von Gabriela • 9. Dezember 2013

….oh ja, aber ganz genau!!! Ich gehöre (leider ) eher zu den nervösen menschen. Meine eine stute ( das ganz besondere persönliche rössli das man nur einmal im leben hat), bringt mir ruhe, geduld und gelassenheit bei und das seit jahren. Nicht etwa weil sie selber so gelassen ist…..grad eben nicht……weil sie meine eigene unruhe ganz einfach nicht ab kann und nichts damit anfangen kann ausser nix mehr zu verstehen!!! Damit ein herzliches danke schön an mein stuti das mich so vieles über mich selber lehrt!!! Toller bericht, danke schön!!!!

 

Von Susanne • 9. Dezember 2013

das ist mal wieder eine sooo treffende und schöne Geschichte – ich freu mich schon immer auf die neuesten Nachrichten von Euch am Montag Morgen!! Eine schöne Woche an alle!! (und an die 4-beinigen „Coaches“)

 

Von Karin • 9. Dezember 2013

Das kann meiner auch. Wenn ich es mal wieder richtig eilig habe, steht er parat. Legt mir die Schnauze auf die Schulter beim Abäppeln, beißt mir in den Gabelstiel, klaut meine Mütze, krault mir den Kopf und wenns noch nicht reicht, dann stellt er ein Vorderbein in die Schubkarre und schaut mich herausfordernd an. Da muß man seinen Stress einfach vergessen und lachen.

 

Von Silvia • 9. Dezember 2013

Ja, so treffend kann man es beschreiben. Ich habe auch so eine Stute, die reagiert exakt so wie Ihr es beschreibt. Dazu habe ich dann noch ihren Sohn, der – ganz seine Mutter – nicht nur im Weg rumsteht, sondern auch laufend versucht wahlweise mir mein Handwerkszeug zu stehlen, die Karre umzuwerfen oder mich zu küsse. Der Dritte im Bund ist ein Araber-Hafi-Mix, der zeigt mir aus der Entfernung, dass ich ihn grausam nerve. Bin ich ruhig und strahle das auch aus, möchte besagter Mix auch meine Nähe und fordert Zuwendung und Aufmerksamkeit. Bin ich gereizt mag er mich nicht und zeigt das auch. Oft denke ich beim Lesen Eurer Berichte, ihr habt bei uns über den Zaun geguckt. Vieles habe ich von Euch gelernt und ich finde auch die Bestätigung, dass das was ich hier mit meiner Bande mache, nicht „mit dem Pferd nur spielen und nicht vernünftig arbeiten“ ist. Ich bin von Springreitern und Turnierreitern umgeben und als Exot mir Arabern bin ich hier als Seltsam angesehen. Macht mir aber nicht (nicht mehr) aus. Ich bin stolz auf meine Bande und ihr Verhalten zeigt mir, dass ich auf dem richtigen Weg bin. Danke, dass Ihr mir viele Anregungen dazu gebt.

 

Von Nadja • 9. Dezember 2013

Hallo, ein wunderbarer Bericht, der mich mal wieder zum nachdenken anregt und mir vielleicht auch ein wenig Zuversicht gibt.
Seit einigen Tagen Plage ich mich mit Kummer und übler Laune herum . Und genau seit einigen Tagen klappt unser Training ( wir sind ganz am Anfang, üben gerade führen in Stellung) was bisher recht gut geklappt hat, nicht mehr, als wolle min Pferd mir sagen, nee so habe ich auch keine Lust !! Er stänkert, versperrt mir den weg und schnappt :-((
Ok, weg mit der schlechten Laune und frohen Mutes ans Werk! danke für den Denkanstoß 🙂

 

Von Linda • 9. Dezember 2013

Ooooh ja – ich hatte gleich zwei solcher Personal Trainerinnen in meinem Leben, und wie der Zufall so will, sinds beide die Mütter meiner jetzigen Zwei Fellknäuel gewesen 🙂 Angie hat mir wohl 80% meiner heutigen Horsemanshipfähigkeiten beigebracht, denn wenn ich ungerecht wurde, ging sie heim, egal was da im Weg war (und dass ich oben drauf nicht durch die Stalltür passe war ihr auch herzlich egal). Die zweite hat mich vom ersten Treffen weg an Angie erinnert, und genauso war der Umgang zwischen uns – nur dass ich inzwischen 10 Jahre älter und ein bisschen klüger war 🙂

Aktuell steht ein Pony bei uns im Stall, das inzwischen alle nur mehr „den Herrn Inspektor“ nennen, denn der Knirps ist das feinfühligste Pferd, das ich jemals getroffen habe – kommt wer ein anderes Pferd von der Koppel holen und er merkt, dass derjenige nicht gut drauf ist, lässt er einen nicht zum eigenen Pferd, bis man mindestens 5 Minuten in seiner Mähne verschwunden ist und sich den ganzen Frust von der Seele geknutscht hat. Erst dann darf man sich mit anderen beschäftigen, Ist man fröhlich, stupst er einmal und geht wieder seiner Wege – er sorgt dafür, dass seiner Truppe kein Unrecht geschieht 🙂

 

Von Verena • 9. Dezember 2013

Mein personal trainer ist ein vollblüter und mit seinen 17 jahren noch sehr lebendig.allerdings ist bei uns zwein das personal training gut auf beide seiten verteilt.am anfang unserer kennenlernszeit hat er keine aufgedreht.liebevoll aber schön dampf gemacht.da habe ich dann sein personal trainer gespielt.ihn mit viel sanftem reden und bodenarbeit entspannt gemacht.bestimmt hat er auch mich trainiert in der zeit,denn man konnte sich keine unruhe leisten.dann rief er fast schon“ich habs ja gweusst-heute passiert noch was-aaahhh“.dann brachte ihn nur meine ruhige stimme und art wieder in die welt zurück.jetzt trainiert er mich.mit traurigen augen sagt er-wir müssen uns mehr um uns kümmern und tut man es dann,dann binder er einen in sein spiel ein.viele würden denken,der dominiert dich,aber nein.genau an den tagen gibt er mir die entspannung zurück die ich ihm am anfang unserer kleinen pferdeliebe gegeben habe.wir lernen voneinander und jeder trainiert den anderen.und dann wird am ende gekuschelt.immer ganz unaufgeregt.

 

Von Becker Ulla • 1. Januar 2014

Tolle Geschichte.
Als ich vor 4 Jahren an die Kurzlebigkeit unseres Daseins erinnert wurde,erfüllte ich mir einen Traum,fing das reiten an und kaufte mir vor 2 Jahren meine kleine Schimmelstute. Seit dem erinnert sie mich jeden Tag daran an mir zu arbeiten,wenn ich mit ihr arbeite. Ich hoffe das nimmt kein Ende. Denn sonst wäre ich vollkommen und bräuchte meine personal trainerin nicht mehr. Danke daß es euch gibt, denn durch den LK hab ich das Gefühl, ich könnte ihr etwas zurückgeben.
Gesundes und gelingendes neues Jahr

 

 

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