Gelernt ist gelernt!

Heute möchte ich den Blogbeitrag aus der letzten Woche ergänzen. Darin ging es darum, dass Pferde manchmal Sachen, die sie eigentlich kennen und können, nicht tun oder sich anders als gewohnt verhalten. Sie achten einfach viel mehr auf Details als wir und durch kleine Veränderungen oder solche, die uns gar nicht bewusst sind (z.B. Gerüche, die wir nicht wahrnehmen, Stimmungen u.Ä.) kann aus ihrer Sicht alles ganz anders sein, obwohl wir selbst davon ausgehen, dass es genau dasselbe ist, was wir immer wollen. Was in diesem Beitrag keinen Platz hatte, war darauf hinzuweisen, dass Pferde auf der anderen Seite ein ganz hervorragendes Erinnerungsvermögen haben – und das soll hier nun einmal richtig gewürdigt werden!

Pferde können sich unglaublich viel merken:

  • Pferde merken sich zum Beispiel all die vielen Hilfen, Signale, Stimmkommandos und Gesten, die wir nutzen, um sie bestimmte Dinge machen zu lassen und können diese oft auch dann zuordnen, wenn sie von verschiedenen Personen gegeben werden. 
  • Sie merken sich Bewegungsabläufe (was sich z.B. zeigt, wenn man den Ablauf von Bahnfiguren verändert, oft ist das Pferd zunächst irritiert). 
  • Pferde merken sich Zeiten und Abläufe (wer einmal zu spät zur Futterzeit gekommen ist, wird das wissen).
  • Sie merken sich eine Vielzahl von unterschiedlichsten Lektionen, Übungen und Tricks. 
  • Sie lernen unzählige Gegenstände, Gerüche und Geräusche kennen, auf die sie dann vertraut reagieren. 
  • Pferde merken sich so ziemlich alle Wege, die sie schon mal gelaufen sind und dort oft auch Gegenstände (was man merken kann, wenn diese z.B. fehlen oder anders stehen). 
  • Sie merken sich Begegnungen mit anderen Pferden und Menschen und erkennen bereits getroffene Lebewesen wieder und anderes mehr.

Ich denke, wir sollten uns viel öfter dankbar bewusst machen, wie gut sich Pferde so vieles merken. Es geht wieder einmal darum, dass wir nicht alles als selbstverständlich nehmen sollten. So oft heißt es, dass Pferde eher dumme Tiere sind, schaut man sich aber einmal ganz bewusst an, was sich Pferde alles merken, welche Beziehungen sie zwischen Gelerntem und Forderungen ziehen können und zu welchen Übertragungsleistungen sie in der Lage sind, wenn sie zum Beispiel von mehreren Menschen gearbeitet werden, müssten wir eigentlich ständig begeistert über sie staunen. Und wenn wir es ihnen erlauben, sind sie sogar in der Lage Aufgaben zu kombinieren und so eigene Vorschläge und Weiterentwicklungen von Übungen und Lektionen anzubieten.

Und weil es so gut passt noch ein kleines Beispiel von uns (herzlichen Dank an Isabell Kößler für die Fotos!): 

Zum Beispiel Luftballons

Es ist fast zehn Jahre her, dass ich mit Anthony das Zertreten von Luftballons erarbeitet hatte – diese Übung findet Ihr hier ausführlich beschrieben und hier und hier gibt es noch zwei Beiträge mit Videos dazu. Deshalb war ich mir nicht sicher, wie er nun darauf reagieren würde. Nach einer Feier hatten wir neulich einige Luftballons im Stall und ich dachte mir: Probieren wir es doch einfach mal wieder.

Von weitem fand er die Ballons etwas beunruhigend, aber beim Kontakt schien er sie sofort einordnen zu können.

Ich band dann welche an eine Schnur, da sie dann besser zu positionieren sind und nicht vom Wind weggepustet werden. Auch diese Ballons wurden erst einmal kurz inspiziert:

Anthony kam nicht von sich aus auf die Idee, die Luftballons zu zertreten, also lud ich ihn zu einem „spanischen Gruß“ ein:

Und tatsächlich schien er sich dann genau daran zu erinnern, was gefragt war! Prompt landete sein Huf direkt auf einem Luftballon, der aber nicht gleich zerplatzte: 

Dann probierte er es nach einer Weile mit etwas mehr Schmackes und brachte so auch erfolgreich einen zum Platzen. 🙂

Fotos von Isabelle Kössler

Gelernt ist halt gelernt! 🙂

Habt Ihr auch Beispiele von Sachen, die Euer Pferd nach langer Zeit noch gut erinnert hat? Dann teilt sie hier gerne in den Kommentaren mit uns. 

22. August 2017 von Tania Konnerth • Kategorie: Erkenntnisse, Spiele & Co, Verhalten 6 Kommentare »

 

6 Reaktionen zu “Gelernt ist gelernt!”

 

Von Anja • 22. August 2017

Hallo Tania,
ich habe sogar festgestellt, dass manches nach einiger Zeit (in der mein Pferd vielleicht darüber nachgedacht hat?) besser funktioniert.
Ich habe eine Fußmatte, mit der ich mit meinem Großen geübt habe, mal die Vorderbeine und mal die Hinterbeine darauf zu platzieren. Das habe ich bestimmt ein halbes Jahr nicht mehr gemacht.
Als ich die Matte dann mal wieder auf den Reitplatz gelegt habe und darauf gezeigt habe, hat er mit großer Freude sofort die Vorderbeine darauf gestellt und dabei so stolz geschaut, dass ich lachen musste.
Die Hinterbeine darauf zu platzieren, fällt ihm etwas schwerer, aber vielleicht sollte ich es in einem Jahr nochmal versuchen 🙂

Viele Grüße
Anja

 

Von Jutta • 22. August 2017

Wenn wir durch bekannte Wälder streifen merkt mein Pferd die Veränderungen, sogar wo die Menschen illegal den Müll entsorgt haben.
Ich war mir immer nicht sicher woran das liegen mag, habe aber auf ein fotografisches Gedächtnis getippt.
Die, mit denen ich mich darüber unterhalten habe, haben darüber gelacht.
Jetzt nicht mehr… Vielen lieben Dank dafür

 

Von Karin-Kelly • 22. August 2017

Liebe Tania,

das sind großartige Fotos – Anthony wirkt so freudig und interessiert, herrlich :-).

Dass Pferde ein Erinnerungsvermögen wie der sprichwörtliche Elefant haben, durfte ich schon oft erfahren :-).

Liebe Grüße. Karin

 

Von Birgit Zimmermann • 28. August 2017

Das mit den Luftballons hat mein Pferd ganz schnell verstanden und sogar geblinzelt, bevor sie zerplatzt sind. Einer nach dem anderen. Ich habe herzhaft gelacht. Das fand sie so toll, dass sie kurze Zeit später auf alles draufgetreten ist, was bunt und rund war. Nicht ganz praktisch aber zu süß. Daran sieht man, wie toll Pferde auch unsere Freude an ihnen finden.
Liebe Grüße Birgit

 

Von Claudia Schenk • 29. August 2017

Meine alte Hafistute hatte das Kompliment gelernt. Zwischenzeitlich hatte ich die Abfolge geändert und ihr das Leckerli am Boden gefüttert und nicht mehr nach dem Aufstehen. Aufgrund ihres Alters und ihrer Arthrose hatte ich die Lektion bestimmt zwei Jahre nicht mehr abgefragt. Eines Tages zeigte die die Lektion ungefragt am Putzplatz und ich war so begeistert, dass ich mit ihr noch mal auf den Platz ging, um das Kompliment noch mal gezielt abzufragen und sie mache es so toll, als hätte wir es erst gestern geübt und blieb auch unten und wartete auf ihr Leckerli. Und ich stand schon wieder und hatte ganz vergessen, dass wir die Übung geändert hätten. Ihren erwartungsvollen und leicht vorwurfsvollen Gesichtsausdruck werde ich nie vergessen. Ich hatte vergessen, wie es geht, sie nicht

 

Von Magdalena • 13. November 2017

Liebe Anja,
ich habe diese Erfahrung auch schon oft gemacht.

Mir kommt das gerade bei meinem Jungpferd zu gute. Ich übe z.B. das selbstständige Reinstrecken der Pferdenase ins Halfter und lasse zwischen den Wiederholungen 3-4 Tage Pause. Manchmal auch 7 Tage oder mehr!
Fakt ist, dass es während so einer Pause Klick im Pferdekopf macht und das liebe Pferdekind streckt den Kopf rein, als ob es nie etwas anderes gemacht hat.
Ich habe mir bisher auch immer unwillkürlich vorgestellt, dass die Pferde während der Pausen diese Eindrücke verarbeiten und „nachdenken“.

Ich schätze dieses Pausieren sehr, da man dabei nie Gefahr läuft etwas zu oft, zu lange zu Üben und damit Frust oder Überforderung provoziert.

DANKE Tania für diese Website, ich finde deinen wertschätzenden Umgang vorbildlich und deine Beiträge sehr wertvoll!

Liebe Grüße
Magdalena

 

 

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