Abschied heißt Ja sagen

Alle, die wir Tiere haben, wissen, dass irgendwann der Tag kommen wird, an dem wir Abschied nehmen müssen. Und jede/r geht anders damit um. 

Ich kämpfte viele Jahre lang verzweifelt innerlich und äußerlich gegen die Tatsache, dass auch bei meinen Pferden dieser Tag kommen würde, und schob das „irgendwann“ unendlich weit weg, … wohl wissend, dass ich mich damit selbst betrog. Ich konnte die Vorstellung nicht ertragen, dass auch sie sterben würden und ich war oft krank vor Sorge. Allein der Gedanke daran, nahm mir den Atem, ließ mich abwehrend sein und jede Krankheit stürzte mich in geradezu panische Angst. Ich ahnte, wie destruktiv mein Verhalten war, aber erst durch einige sehr schmerzliche und unschöne Situationen erkannte ich, dass meine Sorgen und meine Überreaktionen regelrechtes Gift waren – für meine Pferde, für das ganze Umfeld und auch für mich selbst.

Veränderungen und Abschiede sind Teil des Lebens

Vielleicht bringt es ein Stück weit das Älterwerden mit sich und die vielen Erfahrungen und Verluste, die man im Laufe des Lebens macht und auszuhalten lernt, aber es war auch ganz viel Arbeit an mir selbst, die es mir ermöglichte, immer mehr zu lernen, Veränderungen und damit auch Abschiede als Teil des Lebens anzunehmen. Ganz sicher schulten mich aber vor allem meine beiden Pferde darin, Krankheiten immer besser annehmen zu können und ja, auch den Gedanken an ihren Tod auszuhalten – jeder auf seine ganz eigene Art: Aramis mit seinem großen Ja zu allem und Anthony mit seinem Nein zu so vielen. Ich lernte, beide in ihrem Sein anzunehmen, mit ihren Krankheiten und letztlich auch ihre Sterblichkeit.

Seit einiger Zeit habe ich damit begonnen, mit anderen über Tod und Sterben zu sprechen – über meine Ängste, über den Schmerz, über konkrete Erlebnisse und all die vielen Gedanken und Gefühle, die mit diesem Thema verbunden sind. Ich habe mir dafür gezielt Menschen gesucht und auch gefunden, die mehr im Ja zu diesen Themen als ich waren, die viel weniger Angst davor hatten als ich und die mir unendlich viele, wertvolle Impulse gaben. Ja, ich habe sogar mit meinen Pferden darüber gesprochen, weil ich spürte, dass ich nicht länger verdrängen durfte, sondern dass ich zu akzeptieren lernen musste.

Auch diesen Weg gemeinsam gehen

Ich gebe zu, dass ich mir heimlich so manches Mal gewünscht hatte, dass ich nicht da sein müsste, wenn eines meiner Pferde sterben würde, weil ich solch große Angst hatte, es nicht aushalten zu können. Ich fürchtete, zu verzweifelt zu sein, um dem Tier wirklich eine Begleitung sein zu können. Ich hatte Angst vor meinem eigenen Nein. 

Nun musste ich meinen Aramis gehen lassen und ich bin endlos dankbar dafür, dass ich dabei war. Denn ich konnte ihn begleiten, ich konnte Ja sagen, ich konnte loslassen. Der Abschied, der mir dadurch möglich wurde, ist mir in dieser Zeit der größte Trost. 

Ein Ja zum Leben erfordert auch ein Ja zum Tod

Ich weiß, dass viele von Euch in die Angst gehen, wenn sie an den Tod eines geliebten Wesens denken, und am liebsten einfach nur dicht machen wollen – das ist mir sehr vertraut. Aber leider kann unsere Angst nichts verhindern und führt statt dessen nur zu unglaublich viel Leid. 

Deshalb möchte ich Euch mit diesen Zeilen so gerne etwas von dem Ja abgeben, das mich nun durch den Schmerz trägt. Vielleicht liegt die größte Herausforderung im Leben für uns alle darin, auch den Tod anzunehmen? Für mich persönlich ist es so. Und ich darf gerade erfahren, dass wir ungeahnte Geschenke erhalten, wenn wir den Mut haben, uns unserer Angst zu stellen und uns im größten Schmerz nicht verschließen, sondern unser Herz ganz, ganz weit öffnen, um mit Liebe antworten zu können. Denn durch ein solches Ja geht sehr viel weniger, als uns bleibt, und erst ein solches Ja macht Abschied möglich.

Mit meinem Ja lasse ich los und gebe frei – und bekomme unendlich viel zurück. Ich bin erfüllt von Dankbarkeit und Trost und werde gehalten. So werden Schmerz und Trauer zu purer Liebe zu all dem, was war – und das kann mir niemand nehmen.

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(Foto von Lisa Wolpers)

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11. April 2017 von Tania Konnerth • Tags: , • Kategorie: Erkenntnisse 12 Kommentare »

 

12 Reaktionen zu “Abschied heißt Ja sagen”

 

Von Peter Sommerfeld • 11. April 2017

Ich sage mein Beileit aus, und Er wird Dir vom Himmel zusehen wie Du ein anderes Pferd reites, oder mit Arbeites, und in Gedanken seit ihr Verbunden, beim jeden Schritt und Galopp was Du machts, denn Er war dein Pferd die ganzen Jahre.

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Herzlichen Dank für Deine Worte, Peter,
Tania

 

Von Ruth • 11. April 2017

Liebe Tania,
ich möchte dir meine Anteilnahme ausdrücken – es berührt mich sehr, dass ihr den ganzen Weg gemeinsam gehen konntet.
Ihr seid mir und meinem „Großen“, den ich im letzten Herbst gehen lassen musste, über lange Zeit wichtige Begleiter gewesen! Gerade auch in Zeiten, als du dir Sorgen über Gesundheit und Älterwerden machen musstest, habt ihr Rouven und mir soviel geben können.
Ich danke euch sehr dafür und wünsche dir, dass dich das „ja“ immer wieder weitertragen kann.

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Ganz herzlichen Dank, Ruth,
Tania

 

Von Antje • 12. April 2017

Liebe Tania, mit Schrecken habe ich gelesen, dass Dein Aramis gestorben ist. Seit einigen Jahren verfolge ich regelmäßig Eure Artikel auf dieser Seite mit großem Interesse und so sind mir Deine beiden Jungs, obwohl ich sie nie persönlich kennen gelernt habe, ans Herz gewachsen. Für mich kam sein Abschied sehr plötzlich und sehr unerwartet.
Ich bewundere Deine positive Einstellung zu Aramis Tod. Ich selbst habe schon einge meiner Tiere und auch mehrere enge Familienangehörige auf diesem Weg begleiten müssen (oder dürfen). Mir war es wichtig, dabei zu sein, doch es war nie leicht. Umso mehr freue ich mich, dass Du in Deinem Artikel doch keine Schwere spüren lässt, trotz aller Trauer. Ich wünsche mir, dass ich dies bei meinen Pferden, wenn es mal so weit ist, ähnlich gut annehmen kann, wie Du jetzt. Und ich wünsche Dir alles Liebe und Freude trotz Trauer und Tränen. Ganz herzliche Grüße.

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Ganz lieben Dank, Antje,
Tania

 

Von Kelly • 12. April 2017

Liebe Tania,
mit großem Mitgefühl habe ich Deine Zeilen gelesen. Gerade steckt mir ein dicker Kloß im Hals und mein Magen ist eine Etage tiefer gerutscht…
Es ist großartig, dass Du so frei und offen über das Thema schreibst, obwohl dies sicherlich nicht leicht für Dich ist.
Ich wünsche Dir von ganzem Herzen viel Zuversicht und ganz viele Ja´s sowohl zum Leben als auch zum Tod. Wie Du schon sagst, der Tod gehört zum Leben dazu. In unserer heutigen Zeit, in der die Medizin viel heilen kann, neigen wir dazu dieses Thema an den Rand zu schieben. Dann trifft es uns umso heftiger, wenn ein Todesfall eintritt.
Da mein Mann und ich einen sehr alten Hund und zwei ältere Pferde haben, beschäftigt mich das Thema Tod immer wieder, da es immer häufiger altersbedingte Schwächen gibt.
Erst kürzlich habe ich über das Thema Sterben lange mit meiner 89-jährigen Oma gesprochen, sie erzählte mir von früher, als der Tod tatsächlich noch „Gevatter Tod“ genannt wurde – also gleichbedeutend mit „Pate“, der den Verstorbenen auf die andere Seite begleitet, wo alles hell und leicht ist. Wo der Körper nicht mehr schmerzt und wo die Gefühle und Gedanken frei sind.
Ich wünsche Dir ganz viel Glauben in dieser schweren Zeit, Glauben daran, dass der Tod nicht nur Schrecken ist, sondern auch Teil des Lebens. Auch wenn es für uns Zurückgebliebene schwer ist und der Verstorbene (egal ob Mensch oder Tier) eine große Lücke zurück lässt, so tragen wir immer einen Teil dieses Geschöpfes in uns, in unseren Herzen. Mit jedem liebevollen Gefühl und jedem fröhlichen Gedanken an den Verstorbenen lebt er wieder mit uns im Hier und Jetzt – wenn auch nicht körperlich, jedoch auf jeden Fall gefühlsmäßig.
Bitte fühl Dich von mir ganz lieb aus der Ferne umarmt.
Herzliche Grüße. Karin

_____________

Liebe Karin, ich danke Dir ganz herzlich für Deine Zeilen. Ich habe lange mit mir gerungen, ob ich so öffentlich trauern will, denn eigentlich ist Trauer für mich etwas zutiefst Persönliches und ja, darüber zu schreiben, fiel mir tatsächlich schwer. Aber genauso wie ganz viele andere Erfahrungen und Erkenntnisse in meine Arbeit einfließen, so wollte auch das geschrieben werden. Und es ist schön, so viel von Euch allen zurückzubekommen.
Ganz herzlich, Tania

 

Von Kelly • 13. April 2017

Liebe Tania,
ich glaube, sich zu öffnen und in Deinem Fall öffentlich über ein sehr persönliches Thema zu schreiben, kann sehr befreiend sein. Zudem machst Du vielen Menschen Mut, den Tod anzunehmen und Ja zu sagen zu dem was der Fluss des Lebens -wozu der Tod gehört- für uns bereit hält. Ich danke Dir dafür von ganzem Herzen! Du bereicherst die Welt der Menschen und der Pferde auf so wundervolle Weise mit Deinen Worten. Deine Gedanken und Worte sind so kostbar und wertvoll für mich – DANKE!
Ich wünsche Dir weiterhin viel Kraft, Mut und Zuversicht.
Herzliche Grüße und eine Umarmung von Herzen. Karin

_____________________

Von Herzen dankeschön, Karin.
Tania

 

Von Pernika • 17. April 2017

Liebe Tania,sehr offen zeigst du mir mit diesem an sich traurigen Thema eine schöne und ermutigende Perspektive auf – dafür vielen Dank. In so vielen Situationen hilft das Ja Sagen, Loslassen und Geschehen lassen – ich kann mich nur anschließen: Dein Text und deine Gedanken sind eine wirkliche Bereicherung.
Herzliche Grüße

___________

Ganz herzlichen Dank,
Tania

 

Von Sabine • 17. April 2017

Liebe Tania,
ich kann dich nur bewundern und auch beneiden um deinen Umgang mit dem Verlust deines Pferdes. Ich musste mein Herzenspferd vor einem Jahr gehen lassen und ich hatte schon Jahre davor immer Angst vor dem Tag.
Als es dann soweit war habe ich nur geweint, so wie die Wochen vorher auch (und jetzt wieder).
Auch wenn die Wochen vor seinem Ende nochmal sehr nahe und intensiv und besonders waren, sowie auch der letzte Tag, fehlt er mir einfach so sehr!
Leider kann man darüber mit kaum jemandem sprechen, denn „es ist ja nur ein Pferd“ und „zum Glück hast du ja noch ein anderes“ und ähnliche wenig hilfreiche Sätze lassen mich dann schweigen.
Umso mehr tut es gut zu lesen dass andere diesen entsetzlichen Schmerz auch kennen und fürchten.
Ich wünschte mir, ich würde statt des Schmerzes und des Verlusts mehr von der Dankbarkeit, dass er in meinem Leben war, fühlen, so wie du es kannst!!
So fürchte ich mich vor dem Tag an dem ich das wieder erleben muss, und ich weiss er wird kommen!
Allen (und mir) die ihr Pferd verloren haben und den Schmerz kennen wünsche ich dass der Frieden ins Herz kommt und die Kraft und das Glück bleibt dass sie uns geschenkt haben!

________________

Liebe Sabine,

Deine Zeilen haben mich sehr bewegt, Dein Schmerz ist bis hier spürbar. Trauer ist so individuell und kann auch sehr lange dauern. Ich schreib Dir noch mal ein paar Gedanken per Mail.

Ganz herzlich,
Tania

 

Von Almut • 18. April 2017

Liebe Tania,
Aramis Tod geht mir sehr nahe. Ich denke an dich/euch. Abschied ist momentan auch ein Thema für mich und Tod ist der vielleicht endgültigste… Danke, dass du das teilen konntest und in (d)einer so positiven Art. Deine Posts kommen für mich so oft genau zur richtigen Zeit. Mehr geht gerade leider nicht auszudrücken für mich. Fühl dich umarmt, Almut

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Ganz lieben Dank, Almut, es ist sehr viel mit Deinen Zeilen bei mir angekommen.

Auch für Dich eine herzliche Umarmung,
Tania

 

Von Silvia • 25. April 2017

Liebe Tania
Dein Bericht hat mich sehr berührt und überwältigt. Ich möchte dir auch mein herzlichstes Mitgefühl aussprechen! Es sind die vielen wunderbaren Erinnerungen, die uns für immer begleiten und verbinden. Ich persönlich finde grossen Trost im christlichen Glauben. Darin finden wir die grosse Hoffnung, dass wir alle inkl. unseren geliebten Vierbeinern einmal auf einer neuen Welt zusammen leben werden. Durch den Glauben konnte ich meine Verlustängste loslassen und die Freude überstrahlt alles!
Herzlichste Grüsse
Silvia

_________________

Herzlichen Dank, Silvia,
Tania

 

Von Ariane • 25. April 2017

Hallo Tanja
Auch ich kann deinen Schmerz gut nachempfinden, denn auch ich musste vor 6 Wochen mein geliebtes Pferd gehen lassen.
Ich hatte immer Angst vor diesem Tag, obwohl ich eigentlich eine gute Einstellung dazu habe. Ich liebe das Leben sehr. Also fragte ich mich schon vor sehr langer Zeit, wovor ich eigentlich Angst habe?! Ich könnte mir diese Frage irgendwann beantworten,- es ist der Weg dorthin.
Doch immer wenn ich los lassen musste‘ waren die jenigen die ich gehen lassen musste, bereit dazu. Ob Mensch oder Tier.
Mein geliebter Remisier hat mir gesagt, dass die Zeit nun gekommen ist.
Für jede Minute unseres so langen gemeinsamen Weges bin ich ihm dankbar.
Trauern konnte ich in der ersten Zeit nur mit meinem anderen Pferd, er hat wirklich richtig getrauert, seine Nähe tat mir unendlich gut.
Ich wünsche allen ganz viel Kraft und machst es wie unsere Pferde, im hier und jetzt.

__________________

Liebe Ariane,
ganz herzlichen Dank für Deine Zeilen und ganz viel Kraft für Dich,
Tania

 

Von Nimue • 21. Dezember 2020

Liebe Tania,

vor einer Woche musste ich mein geliebtes Pferd mit nur neun Jahren gehen lassen. Er hatte eine unheilbare Krankheit, die mit zunehmenden Schmerzen einhergegangen wäre. Die Diagnose der Tierklinik traf mich wie ein Schlag. Ich habe ihn begleitet bis zum Schluss und es zerriss mir das Herz, meinen fröhlichen, munteren besten und liebsten Freund auf diese Weise verlieren zu müssen.

Heute bekam ich euren Weihnachtsnewsletter und erinnerte mich an deine Texte zum Tod von Aramis vor wenigen Jahren. Die habe ich gerade hier wiedergefunden und möchte mich dafür bedanken. Ich bin noch ganz verzweifelt und mutlos aber deine Gedanken dazu helfen mir, eine andere Perspektive zu finden und wieder etwas Kraft zu schöpfen in diesen dunklen Tagen. Auch er war ein „Ja-Sager“, mein Quell der Freude und der Glücksgefühle. Auch mein anderes (älteres) Pferd, sein „Beisteller/Weidekumpel“, ist ein notorischer Skeptiker und „Nein-Sager“, zu dem ich nun versuchen will, eine innigere Beziehung zu entwickeln. Dazu werde ich mir bestimmt viele deiner Anthony-Texte durchlesen.

Ich werde nun versuchen, mein „Ja“ zu finden, das mich durch den Schmerz trägt.

Danke Tania und Babette für Eure vielen Gedanken und wertvollen Inspirationen, um die Welt für Pferde und ihre Menschen besser zu machen. Ich wünsche Euch schöne Feiertage, Gesundheit und Liebe.

________________

Liebe Nimue,

mein von Herzen kommendes Beileid für diesen so frühen Verlust Deines Pferdes und ganz viel Kraft für diese Zeit. Bis heute tut mir Aramis‘ Verlust weh, es gibt Tage, da fühlt es sich an, als sei es erst gestern passiert. Aber es gibt auch Tage, an denen ich einfach nur noch an die schöne Zeit mit ihm denken kann, ohne Schmerz, sondern nur ganz viel Glücksgefühl, dass ich dieses wundervolle Pferd kennen und lieben durfte. Für mich besteht die Chance der Heilung in der Annahme und so wünsche ich Dir auch im Schmerz ein offenes Herz.

Alles Liebe und Gute für Dich,
Tania

 

Von Sabine • 2. August 2021

Liebe Tania, liebe Babette,
erst vor 6 Tagen musste ich mich von meinem Herzenspferd Enrico verabschieden. Die Trauer, die mich seitdem erfüllt, ist unermesslich und wenn ich alleine bin, weine ich die meiste Zeit, weil ich einfach nichts anderes kann. Auf der Suche nach Halt und Trost habe ich auf eurer Seite nach Texten gesucht und diese hier gefunden und alle Posts dazu gelesen. Es stimmt mich nicht glücklich, das ist ein Wort, welches ich zur Zeit gar nicht für mich definieren kann, aber es zeigt einmal mehr, dass ich nicht allein bin. Mein geliebter Enrico verstarb ganz plötzlich und rasend schnell an einer Kolik, die durch Dünndarmverschlingungen ausgelöst wurde. Am Dienstag letzter Woche wurde er in seinem Zustand entdeckt und dann wurde die Tierärztin gerufen, die Besitzerin kam herbeigefahren und als alle Versuche, ihn zum Aufstehen zu motivieren, scheiterten, habe ich bei meiner Arbeit alles stehen und liegen gelassen und bin zu ihm gefahren. Dort angekommen fand ich ihn vor in einer liegenden Position, alle vier Beine stark angewinkelt (wie ein Fötus), der Hals überstreckt, das Maul halb geöffnet, die Augen zugekniffen. Ich habe ihn gestreichelt, mit ihm gesprochen, habe ihm den Bauch gekrault und fand schnell heraus, dass er in der Leistengegend seinen größten Schmerz hatte, woraufhin ich ihn dort ausstreichend und Mut-zuredend berührt habe. Ich nahm mir Wasser und ein Handtuch und strich ihm damit den Bauch und die Leistengegend ab und dann drehte er sich auf den Rücken, die Beine immer noch stark angezogen und ich machte auf der anderen Seite weiter. Ich träufelte ihm Wasser auf die Schleimhäute, auch ans Maul und er drehte sich ganz herum, kam in die Brustlage, hatte die Augen offen (was für ein Schmerz!) und dann stand er tatsächlich für mich auf! Ich war voller Hoffnung und Dankbarkeit! Andere Pferde kamen herbei und berührten ihn und dann stand da der Hänger, denn er sollte schleunigst in die Klinik gebracht werden, bis dahin kannten wir die Ursache noch nicht. Er wollte nicht auf den Hänger gehen, aber wir schafften es und fuhren in die Klinik, wo dann leider die schlimme Diagnose gestellt wurde. Sein Schicksal war damit besiegelt und wir wollten nicht, dass seine Schmerzen wieder anfangen, weil die Mittel, die er bekommen hatte, nachließen, also führte ich ihn zu dem Platz, an dem er die Narkose bekam. Ich war bei ihm, bis auf den Moment, in dem er aufgrund der Narkose zusammensackte. Ich hockte neben ihm, streichelte ihn und sprach mit ihm und dann bekam er auch schon die zweite, tödliche Spritze. Eine körperliche Reaktion zeigte er nicht. Ich schnitt mir Schweifhaare ab, aus denen ich jetzt einen wunderschönen Traumfänger gemacht habe, die Besitzerin war dankbar, dass ich bei ihm war (sie konnte das nicht) und wir versuchten, einander zu trösten. Seitdem bekomme ich von meinen Freunden viel Trost gespendet, Gedichte, Bilder, Gedanken, die so schön sind, dass ich jedesmal weinen muss. Mein Herz fühlt sich zerbrochen an und ich frage mich, ob das irgendwann wieder heil wird? Warum musste er gehen? Er war ein fitter 25jähriger, wunderschöner Andalusier, der niemals vorher so richtig krank war, zumindest nicht lebensbedrohlich krank. Er hatte nie zuvor eine Kolik …. warum er? Das allerliebste Pferd, das es je gab, freundlich zu allen, Mensch und Tier, Kinder liebte er besonders (und sie ihn) und der beste Fohlenonkel überhaupt. So toll zu reiten, aber auch ein toller Spaziergänger, ein Gefährte, feinfühlig und niemals böse, eine Lebensversicherung und so hübsch mit seinen Knopfaugen und seinem Eisbärenfell im Winter. Ich weiß im Moment noch gar nicht, wie ich ohne ihn weitermachen soll … geht das überhaupt?
Ich sende euch traurige Grüße
Sabine

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Liebe Sabine,
das tut mir sehr, sehr leid, mein allerherzlichstes Beileid. Ich wünsche Dir ganz, ganz viel Kraft für diese Zeit.
Ja, es geht weiter, aber es wird anders sein. Wenn etwas so Kostbares geht, verändert sich natürlich viel. Es wird immer ein Teil fehlen. Und ja, die jetzt so offene Wunde beginnt irgendwann zu heilen. Das dauert (manchmal auch lange) und der Weg ist schmerzhaft, aber es wird irgendwann weniger oder weniger oft. Meiner Erfahrung nach ist die größte Hilfe in der Trauer wirklich die Dankbarkeit über das, was wahr und was man mit dem geliebten Wesen erleben durfte.
Die Frage nach dem „Warum“ ist verständlich, aber versuche, sie Dir nicht zu stellen, sie quält nur und führt zu nichts. Jedes Leben endet irgendwann und es ist immer zu früh für die, die wir zurückbleiben. Mein Aramis war auch knapp 25 und ich hätte mir so sehr noch einige Jahre mehr gewünscht. Aber das wäre auch der Fall gewesen, wenn er 30 geworden wäre. Sie reißen einfach ein Loch, egal wann. Und wir dürfen traurig sein und sie vermissen. Aber wir dürfen auch feiern, dass wir Zeit mit ihnen verbringen und sie lieben durften.
Alles, alles Liebe für Dich,
Tania

 

 

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