Mein Pferd sollte… – warum eigentlich?

Ich habe mich neulich mal wieder dabei erwischt, wie ich ganz schön verbissen wurde, weil ich glaubte, dass meine Pferde unbedingt etwas „sollten“, was sie aber gar nicht wollten: Es war ziemlich kalt und auf dem Auslauf bewegten sie sich kaum, weil der Matsch gefroren und damit der Boden sehr holprig war. Also nahm ich sie mit auf den Sandplatz, der zwar auch noch gefroren, aber lange nicht so huckelig war. Dort sollten sie sich dann bewegen. Das war zumindest meine Ansicht – die beiden dachten darüber anders. 

Unterschiedliche Vorstellungen – kann ich mir sicher sein, dass ich im Recht bin?

Aramis war sichtlich genervt und Anthony wollte viel lieber Blödsinn machen. Ich versuchte also, sie zu motivieren, und wurde zunehmend nachdrücklicher in meinem „Ich-meine-es-doch-nur-gut-mit-Euch“, bis ich innehielt und mich fragte, ob denn das, was ich wollte auch wirklich „gut“ für die Jungs war, wenn sie doch so offensichtlich anderer Ansicht waren als ich.

  • Vielleicht war auch der Sandboden zu hart?
  • Vielleicht hatten sie eben gar kein Bedürfnis nach mehr Bewegung, da sie im Kälte-Energiespar-Modus waren?
  • Vielleicht hatten sie schon bevor ich gekommen war miteinander oder mit den anderen Pferden gespielt?
  • Vielleicht gab es noch andere Gründe, die ich nicht erkennen konnte? 

Und mir wurde mal wieder bewusst, wie vorschnell ich doch oft davon ausgehe, dass ich genau weiß, was gut für meine Pferde ist. An dieser Stelle ging es ja nicht einmal darum, dass ich sie „nutzen“ wollte, sondern ich war der Ansicht, dass sie sich bewegen sollten, weil Bewegung doch eben gut für sie ist. Damit mag ich natürlich grundsätzlich Recht haben, aber wenn ich eine so deutliche Aussage von beiden bekomme, gilt es vielleicht eher, diese zu akzeptieren und nicht meine eigenen Vorstellung mit Druck durchzusetzen.

Als ich etwas später den Auslauf abäppelte, spielten Anthony und ich ein bisschen Ball, ganz zwanglos und fröhlich. Damit habe ich ihm einen deutlich größeren Gefallen getan, als ihn zusammen mit Aramis im Kreis herumzuscheuchen.

Ich glaube, wir können ruhig öfter mal auf unsere Pferde hören und nicht immer davon ausgehen, dass wir es besser wissen und einfach für sie entscheiden dürfen, was meint Ihr?

jungs_winter16

31. Januar 2017 von Tania Konnerth • Kategorie: Erkenntnisse, Umgang, Verhalten 7 Kommentare »

 

7 Reaktionen zu “Mein Pferd sollte… – warum eigentlich?”

 

Von Constanze • 31. Januar 2017

oh ja, unbedingt sollten wir unseren Pferde und ihren zum Glück oft nich gut ausgeprägten Instinkten auch bezüglich ihres Körper- und Gesundheitsgefühl, zuhören und vertrauen!! Der Balanceakt ist natürlich immer wieder den Punkt zwischen „zu ihrem Glück überreden“ und wirklich in Ruhe lassen zu finden. Herauszuhören, ob es einfache Unlust ist, aus der man sie herausholen kann, was dann allen Beteiligten Freude macht und gut tut, oder doch wirklich erforderliches Energie sparen……..eine Herausforderung, die zu sensibilisieren ich enorm wichtig finde.

 

Von Doris Schulz • 31. Januar 2017

Super und zur rechten Zeit lese ich das. Es ging mir gestern nämlich ähnlich. Unser Longenplatz war endlich nicht mehr steinhart. Die Chance das sich meine Stute Mighty mal wieder etwas bewegen könnte, so dachte ich und war in dem Glauben ihr damit einen Gefallen zu tun, da sie sich gerne etwas austobt. Doch weit gefehlt. Sie trabte zwar 3-5 Runden zeigte aber deutlich das es aus ihrer Sicht nicht sein mußte indem sie immer wieder fragte ob sie nicht zu mir kommen dürfe. Das habe ich dann auch gestattet und wir haben noch ein wenig Freiarbeit im Schritt gemacht. Und dann natürlich mit den Fragen im Kopf ob ich ihr nun “ alles durchgelassen habe“ oder “ nicht dominant war“ oder…oder ….oder. Toller Gedankenanstoß. DANKE

 

Von Sonja • 31. Januar 2017

Super Beitrag zum richtigen Zeitpunkt! Ich konnte meine junge Stute bereits seit drei Wochen nicht mehr bewegen, da es auf dem Reitplatz es unter der dünnen Schneeschicht relativ glatt ist.Ich habe es auch immer wieder versucht und nach einiger Zeit abgebrochen, weil sie nicht wollte. Auch im Gelände ist es überall zu glatt. Ich mache mir dann auch immer Gedanken, weil sie zwar schon abgenommen hat, aber immer noch zu dick ist. Ich versuche mich dann immer zu beruhigen, dass es jetzt halt nicht anders geht und lieber zu wenig Bewegung als ein gebrochenes Bein. Ich finde es manchmal einfach so schwierig einzuschätzen, wo meine Verantwortung endet und die des Pferdes beginnt.

 

Von Deegen-Hoff • 31. Januar 2017

Sehr schön beschrieben. Wir stellen im Moment sehr deutliche Unterschiede zwischen den Pferden fest, wenn wir sie beim wöchentlichen Freispringen beobachten. Einige haben trotz regelmäßiger Bewegung unter dem Reiter (Reithalle) und täglichem Auslauf im Winterpaddock ein großes Bedürfnis zum Galoppieren und Bocken und andere kommen einfach trabend wieder an, um den Keks abzuholen …..
Den Pferden zuhören hilft!

 

Von Svenja • 31. Januar 2017

Zuerst dachte ich beim Lesen des Artikels: „Ja, genau so! Ist doch gar nicht so schwer zu erkennen. Alles ganz klar.“ So in etwa 😉 Und dann les ich den ersten Kommentar und denke: „Verdammt, stimmt auch!“ Letztenendes komme ich immer wieder an den Punkt, wo ich abwägen muss, ob ich grade nicht motivierend genug bin oder mein Pferd „triftige“ Gründe hat, etwas nicht zu machen. Heute war es z.B. so, dass mein Pferd noch nicht verstanden hatte, was eigentlich die Alternativübung zu seiner Lieblingsübung, die er mir immer wieder angeboten hat, sein sollte. Als er es dann verstanden hatte, war er super motiviert und die Lieblingsübung war vergessen, aber bis zu dem Zeitpunkt hab ich mich ständig gefragt: „Dranbleiben oder nachgeben?“.
Klar muss man auf die Pferde hören, aber die Kunst ist ja das Gehörte auch richtig zu interpretieren und das ist manchmal echt schwierig, macht das Pferdetraining aber auch so spannend!

 

Von LO KI • 1. Februar 2017

UNBEDINGT JA

Mein LO KI hatte kürzlich Gelenkschmerzen (beim Longieren) und er zeigte mir sein Problem auf SO FREUNDLICHE ART, dass ich immer noch ganz ergriffen bin.

Ich habe ihm mit Medikamenten & liebevoller Behandlung geholfen, aber ansonsten solange IN RUHE GELASSEN, bis er mir zeigte, dass es ihm wieder besser geht.

Gestern konnte ich ihn – ER mit FUTTERN beschäftigt – aus dem Heubereich (Aktivstall) auf den Paddockbereich RUFEN:

PROMPT STAND MEIN PFERD VOR MIR

 

Von Christiane • 6. Februar 2017

..sollte..müsste..ja, das ist ein interessantes Thema.
Allzu oft ertappe ich mich dabei, und was spannend ist, ist auch, daß das bei meinem alten 28 jährigen Pony sehr anders war als bei meinem jungen Stütchen (4)..Meinem alten Pony habe ich quasi mehr vertraut, als mir selbst..;)..und ich habe mit Respekt sehr schnell wahrgenommen, wenn er was nicht wollte…,während ich bei meiner jungen Stute noch suche, nach einem ausgewogenen Verhätnis und auch versuche sie damit zu sehen, ws sie mir signalisiert. Die Ausbildung verführt dann zum „sollte..müsste sie..“..
Wenn ich merke. daß meiner innerer Druck steigt, halte ich auch inne und frage MICH..,was habe ICH eigentlich gemacht,oder habe ich heute noch vor mir, was ich sollte oder müsste..,und wie hat sich das angefühlt..? Das Zusammensein mit den Pferden spiegelt mir immer so viel zurück, und ich weiß doch daß ich auch mit einem freudvollen Zugang viel besser irgendwelche „Soll-Dinge“ tun kann…Danke für Eure Anregungen!!! Christiane.

 

 

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