Versprochen ist versprochen

… und wird auch nicht gebrochen!

Ich weiß nicht, wie es Euch geht, aber ich habe in der Vergangenheit leider schon so manches Versprechen, das ich meinen Pferden gegeben habe, gebrochen. Teils aus Unwissenheit, teils aus Hilflosigkeit und manchmal auch, weil ich unachtsam war oder meine eigenen Interessen durchgesetzt habe. Und jedes Mal habe ich mich ziemlich mies dabei gefühlt.

Inzwischen achte ich sehr darauf, meine Versprechen zu halten, und ich möchte Euch von einer kleinen Begebenheit erzählen, die veranschaulicht, was ich meine: Neulich fand ein Horsemanship-Seminar auf unserem Hof statt. Ich hatte mir für den Tag vorgenommen, mit Aramis einen kleinen Spazierritt zu machen, da endlich mal wieder schönes Wetter war. Also holte ich ihn vom Auslauf, putze ihn, packte das Pad drauf und sprang fröhlich auf mein Pferd. Im Seminar war gerade eine Pause und so standen alle vor der Halle, wo ich auf meinem Pferd saß und losreiten wollte.

Doch … – Aramis tat keinen Schritt vorwärts.

Da saß ich also auf meinem Pferd, überall standen Pferdeleute, die sich unterhielten (und gaaaaanz sicher genau zusahen, was wir da machten…). Aramis schaute sich aufmerksam die fremden Pferde in den Gastboxen an und musterte all die Menschen. Es war offensichtlich, dass er das alles höchst interessant fand und überhaupt kein Bedürfnis verspürte, loszugehen. Wer weiß, was er da verpassen würde!

Vor einer ganzen Weile habe ich Aramis mal versprochen, dass er nichts mehr tun muss, was er nicht tun will. „Durchsetzen“ war also genauso wenig eine Option, wie absteigen und ihn zu führen, denn er sollte ja freiwillig mit mir loslaufen wollen und er sagte in diesem Moment deutlich nein zu meinem Vorschlag.

So blieb ich also sitzen, ließ ihn schauen und übte mich darin, die Blicke der anderen auszuhalten und die Fragezeichen, die ich spürte. Nach einer Weile fragte ihn zum dritten Mal, ob wir nun vielleicht doch noch losgehen wollen, worauf er rückwärts ging und Richtung Halle drehte – klarer hätte die Antwort nicht sein können!

Also sprang ich ab und ließ es gut sein. Das Schöne: Ich war nicht sauer und nicht enttäuscht, sondern einfach froh, dass es mir gelungen war, mein Versprechen zu halten. Ich brachte ihn zurück zum Auslauf, wo er weiter den Ereignissen auf dem Hof zuschauen konnte.

Auch wenn manch einer vielleicht sagen wird, dass Pferde ja keine Worte verstehen und sich diese auch nicht merken können, so glaube ich schon, dass sie unsere Versprechen realisieren und auch, wenn wir sie brechen. Unser kleines Erlebnis hat mir noch einmal ganz deutlich gemacht: Ich möchte weiterhin bei meinen Pferden bleiben können, auch wenn z.B. viele Augen auf mich gerichtet sind, denn es geht um sie – und nicht darum, wie ich vor anderen aussehe. 

Aramis

2. Dezember 2014 von Tania Konnerth • Kategorie: Erkenntnisse, Umgang 14 Kommentare »

 

14 Reaktionen zu “Versprochen ist versprochen”

 

Von Jana • 2. Dezember 2014

Das finde ich ist eine ganz tolle Erkenntnis, liebe Tania!
Ich wünsche dir, dass du die Kraft hast, diesen Weg weiterhin zu gehen.
Alles Liebe

 

Von Steffi • 5. Dezember 2014

Sehr schöner Beitrag, Tania! 🙂
Ich finde es gut, dass du die Kraft dazu hattest und das du auch die Blicke ertragen hast.
Ich weiß leider nur zu gut, wie das ist, wenn das Pferd eben nicht möchte, man drauf sitzt und es lässt, während alle einen anstarren.
Oft genug bekommt man dann zu hören: „Setz dich doch mal durch. Das Pferd tanzt dir irgendwann noch auf der Nase rum“.
Aber ich glaube nicht, dass das Pferd das irgendwann tut. Ich glaube viel mehr, dass mein Pferd mir dankbar ist, wenn ich ihre Laune und ihre Unlust akzeptiere 🙂

LG, Steffi

 

Von Christina • 8. Dezember 2014

Hallo Tania, du sprichst ein ganz wichtiges Thema an, mit dem ich mich auch gerade sehr beschäftige: Sich frei machen von Zwängen, seien es die Blicke und Erwartungen anderer oder die eigenen Erwartungen und Vorstellungen und Pläne – das ist ein enormer Schritt, und ganz schwierig zu Beginn. Aber kann man sich mal davon verabschieden, ist es wirklich eine Erleichterung – Es macht stark und befreit!
Danke für den Beitrag!

 

Von Christine • 8. Dezember 2014

Hallo Tania!
Ja genau das ist es, halten wir dem Druck von außen stand?
Ich habe es lange nicht geschafft, jetzt gehe ich meinen Weg und mein Pferd dankt es mir auf seine Weise.
Alles Gute für Euch!

 

Von Gabriela • 8. Dezember 2014

Moin alle zusammen….. liebe Tania, da kommst du mir grad gelegen! Meine Isländerin mag im moment sichtlich nicht ins gelände, sie dreht den kopf wenn ich mit halfter ankomme, geht zum teil sogar ein paar schritte von mir weg. Ganz klar….sie hat null bock auf berglein runter, berglein rauf und möchte viel lieber mit ihrer kleinen bande auf der winterweide bleiben! Für mich ein dilemma denn ich möchte ja dass das pferdchen fit bleibt, schliesslich wird hier am berg geritten!……. Ja was denn nun? Fit bleiben oder hinhören und vorzeitige winterpause einlegen? Denn sobald viel schnee liegt, ist bei uns zwangspause angesagt…… Nun dürft ihr mir alle ratschläge geben….. Werden mit bestem dank angenommen und studiert!! Smile!!

 

Von Birgit • 8. Dezember 2014

Vor einigen Wochen ging es mir ähnlich. Ich nahm meine alte Stute Sokka mit zur Reitanlage. Ich hatte Unterricht mit dem Jungpferd und wir hatten uns angewöhnt, Sokka mitzunehmen und für 20 Minuten in die Führanlage zu stellen. Sie wird nicht mehr geritten, longieren ist auch schlecht und Spazieren ging zu der Zeit von meiner Seite aus nicht.
Auf Rat eines Menschen hatten wir die Führanlage langsam immer etwas schneller eingestellt, um sie ein wenig „zu trainieren“. Das war eine blöde Idee. Denn Sokka streikte!

Sie war nicht zu überreden, die Führanlage zu betreten! Und natürlich guckte der halbe Hof zu! Klar hätte ich sie sehr gerne da rein bugsiert. Dann wäre sie in Bewegung gewesen und ich hätte beim Training des Kleinen zuschauen können.
Aber so stand sie unglücklich vor dem geöffneten Tor, mit breit gestellten Ohren und machte keinen Schritt. Dank „Wege-zum-Pferd“ war mir inzwischen klar, dass dieses Einfrieren keine Widersetzlichkeit ist, sondern pure Angst. So konnte ich es zulassen. Trotz alller komisch-Gucker.
Ich versprach ihr, dass sie nicht da rein gehen müsse, forderte sie aber auf, wenigstens noch einen Schritt zu tun. Ob das richtig war, weiß ich nicht, aber sie machte den Schritt und ich führte sie weg.
Wir gingen dann zusammen in die Halle und schauten gemeinsam der Stunde zu.
Heute denke ich, dieses Laufen im Kreis war ihr sehr unangenehm. Vielleicht hatte sie sogar Schmerzen, konnte sich dem aber nicht entziehen, da die Anlage ja unbarmherzig weiterläuft. Ihr Verweigern war ein Ausdruck ihrer Angst davor. Warum hsollte ich sie dazu zwingen?

 

Von Maria • 8. Dezember 2014

Hallo,
ich hoffe da komme ich auch hin. Muss ich dann immer wenn mein Pferd nicht mit mir geht ihn lassen? Wie kommen wir denn dann weiter mit dem Training? Woran erkenne ich wann ich mich (pferdegerecht)durchsetzen muss und wann ich ihm nachgeben sollte?

Liebe Grüße und tolle Beiträge die zum nach/-umdenken anregen.

 

Von Sanni • 8. Dezember 2014

Ich denke einfach man muß das unterscheiden lernen , ein ängstliches Pferd zu überzeugen ist eine Sache, wenn es mit Vertrauen mit geht, eine Andere. Ich fühl mich einfach ein, kenne meine Pferde und weiß wann Pony oder Pferd gut motiviert sind,natürlich darf man nicht alles durchgehen lassen, Pferde lernen am Erfolg.. aber die netten kleinen Eigenheiten.. lasse ich Ihnen, nur wenn es darum geht Schaden von Mensch und Tier abzuwenden, da werde ich auch forscher. Wir sind im Leben zu sehr auf Andere eingestellt, vielen fehlt Selbstvertrauen, wie das Wort schon sagt, Vertrauen an mein Selbst, was ich gerade mache, wie ich handle. Der Vorteil wenn man älter wird wie ich.. da ist es egal ob Leute schauen oder nicht, ich mach das was mir und Pferd gut tut :-), mehr auf unsere *innere* Stimme hören , falls noch vorhanden und beim kleinstem Zweifel .. einfach auf den Bauch hören, nicht auf das was Andere nun sagen.

 

Von Conny • 8. Dezember 2014

Liebe Tania,
was für ein wunderbarer Artikel.
Ich selbst gehe auch schon seit einigen Jahren mit meiner Stute diesen Weg.
Am Anfang bekam ich viel Gegenwind.
Viele bezeichneten mein Pferd als schwierig und sogar hysterisch.
Für mein Verhalten gab es allenfalls ein mitleidiges Lächeln.
Heute habe ich ein Pferd auf das ich bauen kann. Jedes Nein ist heute zu einem vielfachen Ja geworden. Jede Träne zu einem stolzen lächeln voller Liebe.

Oft habe ich mir gewünscht ich könnte all den Menschen mit den verletzenden Worten zeigen, was heute aus uns geworden ist. Manchmal juckt es mich in den Fingern.
Denn heute könnten wir. Ab und an trägt meine Süße Menschen die mal wieder Pferdeluft schnuppern wollen.
Die stellen sich dann auf die Aufstiegshilfe und sie trabt oder galoppiert hin, damit sie aufsteigen können. Wenn dann die Stimmung gut ist und die Menschen wenig Mut finden, führen wir schon mal was zur Auflockerung frei und gemeinsam vor. Dann werde ich oft gefragt, was wir aus unserem können machen.

Heute habe ich ein Pferd das ein Signal dafür kennt, wenn es genug ist. Sie zeigt mir mit einem für jeden deutlich sichtbaren Signal, wann ich z.B. absteigen soll.
Auch ich habe ihr ein Versprechen gegeben und wenn man einmal erleben durfte, wie kostbar und einzigartig das ist was man dafür zurück bekommt würde man wohl so manches geben um sein Versprechen zu schützen.

Ich verzichte auf die Bestätigung jener, die mich einst belächelt haben. Auf ein lobendes Wort eines Fremden.
Doch das ist keine großartige Leistung. Es ist ein winzig kleiner Preis für etwas Großes.
Liebe bedarf keiner Show. Freundschaft, keiner Bühne.
Es bedarf zweier Herzen und ich für meinen Teil werde dieses unglaubliche Herz vor dem Ausverkauf schützen.
Das ist mein versprechen.

 

Von Claudia • 8. Dezember 2014

Da kann ich auch eine kleine Geschichte erzählen. Ich lebe seit 20 Jahren mit meinem Pferd zusammen und oft, wenn ich alleine mit ihm ins Gelände gehe, möchte er an bestimmten Punkten wieder nach Hause und nicht noch ein bisschen weiter…
Dafür geht er auch manchmal rückwärts. Ich habe auch immer gedacht, ich auch immer gedacht, ich muss mich durchsetzten, ordentlich vorwärts treiben. Er ist dann auch immer irgendwie weiter gegangen. Jetzt mache ich das nicht mehr so. Neulich war wieder so eine Situation links ging es nach Hause, ich wollte geradeaus. Ich habe ihn umarmt und zu ihm gesagt: „Bitte geh doch noch etwas mit mir weiter, es ist so schönes Wetter, und ich bin so gerne mit Dir hier im Wald, kann doch im Moment nicht so oft mit Dir ausreiten“. Da ist er von alleine weiter gegangen, den Weg, den ich gehen wollte und nicht nach Hause. Ohne treiben, ohne „Durchsetzen“. Das hat mich sehr beeindruckt, und fast zu Tränen gerührt!

 

Von Jutta Strack • 8. Dezember 2014

völlig richtig !!!!!!!!!! Je älter ich werde, desto gelassener sehe ich die Meinung der Anderen. “ Durchsetzen “ ist nur wichtig und erforderlich, wenn es um Menschen- oder Tierleben geht. Ich habe so ein guterzogenes Pferd von der Vorbesitzerin bekommen, daß ich mich wirklich auf meine Stute verlassen kann. Sie weiß sehr genau was gut für uns Beide ist. Also die “ Besserwisser “ einfach reden lassen.
Die müssen halt noch viel lernen.

LG Jutta Strack

 

Von Monika • 9. Dezember 2014

Liebe Tania!

Besser geht es nicht!
Meine Mutter hat immer gesagt: „Was sollen die anderen Leute denken!“ und ich sage: „Ist mir doch egal!“.
Eine schöne Weihnachtszeit und viel Spaß mit den geliebten Vierbeinern.

Liebe Grüße
Monika

 

Von Antje • 9. Dezember 2014

Ich mußte etwas kichern als ich das gelesen habe- weil ich bin da ähnlich, werde aber immer als „zu weich“ angesehen. Schön, daß es mehr Menschen mit so einer Eistellung gibt!

 

Von Barbara • 9. Dezember 2014

Wunderbar – die Beiträge! Und dass es Menschen gibt, die diesen Weg des Herzens gehen und sich nicht beirren lassen. Pferde – und Tiere überhaupt – sind so wertvolle Begleiter, die uns lehren, wenn wir „zuhören“ und unser Herz öffnen.

 

 

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