Das Trainer-Spiel

Wenn Sie hier schon länger mitlesen, wissen Sie, dass ich nach dem Clickertraining arbeite. Da das mit dem Clickern aber gar nicht so einfach ist, habe ich mir schon oft gewünscht, dass mein Pferd mit mir reden könnte, um mir ein direktes Feedback geben zu können. Darüber, wie ich als Trainerin auftrete und wie gut oder eben nicht gut ich zu verstehen bin.

Nun habe ich eine tolle Übung gefunden, die meinem Wunsch schon sehr nahekommt, und zwar das sogenannte Trainer-Spiel! Auch wenn Sie nicht clickern, möchte ich Sie unbedingt ermutigen, sich einmal auf das Trainer-Spiel einzulassen und es auszuprobieren. Sie werden mit Sicherheit sehr davon profitieren – und Ihr Pferd erst recht.

So geht´s

Beim Trainer-Spiel schlüpft ein Mensch in die Rolle des Pferdes, ein anderer spielt den Trainer.

Der Trainer möchte nun seinem „Pferd“ ein Verhalten frei formen. Der Trainer darf sein „Pferd“ nicht berühren und keine Zeichen geben. Seine einzige Kommunikation mit dem „Pferd“ findet über das Feedback mit dem Clicker statt. Der Click wird immer dann gegeben, wenn das „Pferd“ etwas macht, was in die richtige Richtung zur Lösung der Aufgabe geht. Das „Pferd“ hat als einzige Vorgabe, dass es Verhalten anbieten soll, also nicht nur passiv in der Gegend stehen soll (sonst wird es langweilig, weil der Trainer nichts zu clickern hat). Es ist also ein bisschen so wie beim Topfschlagen.

Wie bei der richtigen Pferdeausbildung: von leichten zu schweren Aufgaben

Wählen Sie zu Beginn eine leicht zu lösende, nicht zu komplizierte Aufgabe, wie z.B.: Das „Pferd“ soll zu einem bestimmten Stuhl gehen und sich auf diesen setzen.

Sind Sie bereits fortgeschrittene Trainer-Spiel-Spieler, dürfen die Aufgaben immer komplexer werden, z.B. könnte die Aufgabe jetzt so aussehen, dass Ihr „Pferd“ den Stuhl umdrehen und umgekehrt auf einen Tisch stellen soll oder vielleicht soll es mit seinem rechten Arm seinen linken Fuß abklopfen …

Ziel ist es, dass das „Pferd“ die angedachte Verhaltenskette richtig ausführt.

So wertvoll: das Feedback des „Pferdes“ für seinen Trainer

Hat das „Pferd“ seine Aufgabe gelöst oder eben auch nicht, gibt das „Pferd“ seinem Trainer Feedback. Denn der Vorteil in unserem heutigen Training ist ja genau der, dass unser „Pferd“ sprechen kann.

Wenn Sie also die Rolle des Pferdes eingenommen hatten, berichten Sie Ihrem Trainer, wie es Ihnen während des Spieles ergangen ist:

  • Fühlten Sie sich gut angeleitet? Was genau machte das aus? Und wenn nicht, was machte es Ihnen schwer, herauszufinden, was erwünscht ist?
  • Hat es Ihnen Spaß gemacht, von Ihrem Trainer angeleitet zu werden? Was genau löste die Freude aus? Und wenn nicht: Was verdarb Ihnen die Freude?
  • Waren Sie motiviert? Wenn ja: Was genau motivierte Sie? Und wenn nein: Was demotivierte Sie?
  • Waren Sie vielleicht verunsichert? Wodurch genau? Was hätte Ihnen mehr Sicherheit gegeben?
  • Hat Sie vielleicht ein falscher Click auf eine falsche Fährte geführt? Wenn ja: Wissen Sie noch, an welcher Stelle das war?
  • Vielleicht waren Sie phasenweise gar frustriert? Was genau löste den Frust aus? Was hätten Sie sich anders gewünscht?
  • Was würden Sie aus „Pferdesicht“ Ihrem Trainer an Tipps geben?

Wenn Sie der Trainer waren, fragen Sie Ihr „Pferd“ genau nach diesen Punkten.

Eine wertvolle Erfahrung

Mir als Pferdeausbilderin hat das Trainer-Spiel sehr viel gebracht. Mir wurde noch mal sehr viel klarer, wie kleinschrittig ich eine Aufgabe zerlegen muss, damit ich mich dem Pferd gegenüber gut verständlich machen kann. Ich habe gemerkt, wie oft es mir doch immer wieder passiert, dass ich zum falschen Zeitpunkt etwas verstärke und damit meine Pferde auf Ideen bringe, die ich eigentlich gar nicht möchte.

In der Rolle des Pferdes habe ich mich manchmal sehr verloren gefühlt. Zeitweise bin ich richtig ärgerlich geworden, weil ich mich von meinem Trainer regelrecht „veräppelt“ fühlte. Ich glaube, wäre ich in dem Moment tatsächlich ein Pferd gewesen, ich wäre „bockig“ geworden …

Mir fällt es nun, nachdem ich mehrfach das Trainer-Spiel gespielt habe, wesentlich leichter, mich in ein Pferd einzufühlen und ich weiß jetzt viel besser, wie ich korrekt positiv verstärke. Ich kann Unsicherheiten, Nervosität und Widersetzlichkeiten anders begegnen und habe viel mehr Verständnis für solche Reaktionen von Pferden. Ich kann behaupten, ich habe durch das Trainer-Spiel deutliche Fortschritte als Trainer gemacht. Mein Timing ist besser geworden, mein Vorgehen durchdachter und ich reflektiere mein Feedback viel mehr, welches ich dem Pferd gebe.

Nicht nur lehrreich, sondern auch sehr unterhaltsam!

Man kann das Trainer-Spiel auch hervorragend mit einer Gruppe spielen. Man kann das auf zwei Arten spielen: Entweder so, dass die Gruppe darüber informiert ist, was das „Pferd“ machen soll, oder aber auch so, dass nur der Trainer über seinen Plan im Bilde ist und die Gruppe durch Beobachten mitraten soll, was das Pferd ausführen soll. Vielleicht ist das mal eine unterhaltsame Idee für Ihre nächste Stallparty, es macht wirklich Spaß!

30. August 2011 von Babette Teschen • Kategorie: Clickertraining 5 Kommentare »

 

5 Reaktionen zu “Das Trainer-Spiel”

 

Von Corinna • 30. August 2011

Hi Babette,

super Idee 🙂
Beim frei Formen warte ich ja eigentlich ’nur‘ ab was mein Pferd macht und wenn mir das gefällt, dann bestätige ich es, so habs ich verstanden.
Wenn ich aber jetzt doch etwas spezielles will, dann zeige ich es dem Pferd ja doch, bzw. führe es dort hin. Also jetzt speziell bei dem Thema ‚Pferd‘ soll zum Stuhl und mit dem Stuhl was machen: Ich würd dann schon mit ‚Pferd‘ in die Richtung Stuhl gehen und ihn/sie davor abstellen und dann abwarten oder?

Bin schon gespannt wie das Gefühl sein wird :-). Mein Mann muss heute abend dran glauben 😉 hihi.

GLG
Corinna
_______________________________________________________________
Hallo Corinna,
nein, beim Trainer-Spiel gelten strenge Regeln. Du führst Dein „Pferd“ nicht zu dem Stuhl, sondern Du musst darauf warten, dass sich Dein Pferd von sich aus Richtung Stuhl begibt und das mit Click bestätigen. Nur so lernt man das richtige beobachten und verstärken von richtigen Verhalten. Sonst wäre es ja viel zu einfach 😉 …
Liebe Grüße und viel Spaß 🙂
Babette

 

Von Corinna • 30. August 2011

OK, verstanden. HIHI dann freu ich mich ja noch viel mehr meinen Mann heute abend durchs Haus flitzen zu sehen. Mal gucken wie lang er mitmacht 😉
Und dannn bin ich gespannt wie es für mich werden wird.

Wirklich super tolle Idee!!!

 

Von Biggi • 2. September 2011

Tolle Idee! Werde ich nachher mal mit meiner Tochter ausprobieren und mich dann auch von ihr beklickern lassen. Vielleicht kommt dann der Durchbruch, wir haben nämlich noch etwas Umsetzungsprobleme beim klickern.

 

Von Heike • 6. September 2011

Ja, das Trainerspiel öffnet vielen erstmal wirklich die Augen, was sie da von ihrem Pferd verlangen und dass ein scheinbar einfaches Verhalten gar nicht so leicht zu erlickern ist, wenn man keinen wirklichen Plan hat.
Man kann es auch in vielen verschiedenen Formen spielen, wobei mir dabei immer auffällt, dass wir im „echten“ Training dem Pferd doch sehr viele körpersprachliche Hinweise geben (zb die Position, Blickrichtung, Focus- selbst wenn wir uns nicht bewegen) und dass das Pferdetraining selten so abläuft wie Delfintraining (Tier frei im Tank/in der Bahn).
Freies Formen kann extrem frustrierend sein, es ist gut wenn man das mal am eigenen Leib spürt.

 

Von Marie Gebert • 12. September 2011

ich habe mit meiner SB das Trainerspiel auch ausprobiert…allerdings nicht mit clicker, sondern mit Lobwort „fein“! es war ziemlich schwierig für den Trainer abzuwarten was das „Pferd“ macht und nur das Lobwort immer intensiver zu sagen, je richtiger es wurde, aber noch viel schwieriger war es, als „Pferd“ einfach mal etwas anzubieten…als Mensch weiß man ja, dass irgendwas gefordert ist…der trainer wartet auf irgendetwas…bloß auf was????…also lief man dann auf dem hof rum, in die eine oder andere richtung…und es dauerte ewig bis der trainer das vom „pferd“ bekam, was er wollte!! schade, dass man nicht mit Blickkontakt arbeiten darf;)lg marie

 

 

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