Pferd verspannt, Mensch verspannt – oder umgekehrt?

Neulich ritt ich Anthony und wunderte mich darüber, dass er so komisch lief. Er ist sonst sehr weich zu sitzen und seine Bewegungen sind geschmeidig. Nun lief er klemmig und ich fragte mich, ob er gar lahmte…

Ich fühlte dann einmal ganz bewusst nach – und stellte fest, dass ich im unteren Rücken total blockiert war. Ich konnte da kaum seitliche Bewegungen machen. Nicht er lief also komisch, sondern ich ritt komisch! Er reagierte auf meine Rückenblockade und lief selbst klemmig.

Tja, und da habe ich mich gefragt, wie oft das unseren Pferden wohl so geht, dass sie wegen uns „schlecht laufen“, weil wir

  • z.B. Verspannungen und Blockaden mitbringen, die dann sie in ihren Bewegungen behindern,
  • weil wir schlecht sitzen (schief, im Ungleichgewicht, zu weit hinten oder vorne, im Stuhlsitz oder Spaltsitz usw.)
  • weil wir – aus Unvermögen oder eigenen Verspannungen heraus – grobe oder falsche Hilfen geben (am Zügel ziehen, mit den Beinen boxen, unbewusste Gewichtshilfen geben usw.)
  • weil wir uns verkrampfen
  • oder angestaute Aggressionen mitbringen
  • und vieles mehr…

Doch, was passiert in der Regel? Wir schauen auf unser Pferd und sagen: „Es läuft heute doof!“ Wir geben ihm die Schuld, motzen es an, warum es nicht tut, was wir wollen und im schlimmsten Fall strafen wir es dafür, dass es „schlecht“ läuft.

Dabei sind die Ursache wir selbst…

Mich hat das wieder mal sehr nachdenklich gemacht.

7. April 2011 von Tania Konnerth • Kategorie: Reiten 13 Kommentare »

 

13 Reaktionen zu “Pferd verspannt, Mensch verspannt – oder umgekehrt?”

 

Von no0815girl • 7. April 2011

Oh das kommt mir so bekannt vor…
Wenn ich sehe, wie mein Pferd unter einem guten und lockeren Reiter läuft und dann spüre, wie sie unter mir läuft, ist das oft ziemlich depremierend. Aber zumindest weiss ich, woran ich arbeiten muss, nämlich an mir – mein Pferd könnte alles schon viel besser 🙂

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Ich denke, es ist schon viel gewonnen, wenn man das so erkennt!
Tania

 

Von pferdundreiter • 7. April 2011

Es ist immer der Mensch schuld, das Pferd hat oftmals keine Wahl.

Hat sich schon mal jemand gefragt ob das Pferd sein Gebiß mag? Ob das Pferd lieber ein Dressurpferd wäre, weil es springen zwar kann aber nicht wirklich mag? Oder ob das Pferd lieber in einer anderen Box stehen würde oder mal garkeine Lust hat zu schmusen?

Vielleicht mag auch das Pferd eine Hilfszügel oder findet das die Hilfen nicht korrekt gegeben werden und anstatt sich selbst zu kontrollieren nimmt der Reiter die Gerte oder gar Sporen?

Die Pferde im Sommer mittags auf den Paddock/Weide/ Auslauf zu stellen anstatt nachts oder morgens ist da doch nur ein Tropfen des ganzen Übels. Und wieviel Pferde haben dann nicht mal einen Unterstand…

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Jau, manchmal sehe ich das alles auch so… – dann versuche ich aber auch immer ein bisschen gegenzusteuern, denn es gibt auch schon ganz viel Gutes! Menschen, die sich wirklich Gedanken machen, die sich Wissen und Fähigkeiten aneignen und Pferde, die davon profitieren. Es gibt noch viel zu tun, aber ein bisschen was tut sich schon – das will ich jedenfalls hoffen.
Tania

 

Von nicole • 11. April 2011

bei meinen pferden ist es so, dass von 4 gerittenen meine stute am extremsten darauf reagiert, wenn ich im rücken eine blockade habe. die läuft dann nicht nur verspannt, sondern geht gar nicht mehr taktrein und dreht sich meist nach der seite um, wo die blockade ist. was mir aber noch viel mehr zu denken gibt ist, dass die andern 3 jungs kaum darauf reagieren und eigentlich wie gewohnt laufen…. was die wohl alles ertragen?

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Ich denke, das ist durchaus eine Überlegung wert – auch Deine Jungs werden davon profitieren, wenn Du fit und locker bist. Es gibt aber natürlich auch Unterschiede in der Empfindlichkeit bei Pferden – was den einen verrückt macht, findet der andere gar nicht tragisch. Aber, wie gesagt: die eigene Entspannung ist immer gut!
Tania

 

Von Gabriela • 11. April 2011

Wie sagt man doch so schön, „Das Pferd ist der Spiegel deiner Seele“! Eigentlich ist es egal ob man seelisch verkrampft ist oder eine Blockade im Rücken mitbringt, unsere Pferde reagieren instinktiv auf unsere inneren und äußeren Blockaden. Glücklich ist wer das zu erkennen vermag und dementsprechend reagieren kann denn das Pferd weiß wohl kaum WARUM der Mensch der ihm im Kreuz sitzt gerade dieses oder jenes Problem hat.
Ich wünschte mehr Reiter würden sich Gedanken machen um die eigene Verfassung in der sie mit dem Pferd arbeiten oder in den Sattel steigen. Leider erlebt man diese Szenarien die du schon so treffend beschrieben hast immer wieder um sich herum. Da will „der blöde Bock nicht laufen“ oder hat „mal wieder einen miesen Tag“ etc pp.
Vielleicht sind manche einfach nicht selbstkritisch genug um sich selber zu hinterfragen wenn es Probleme mit dem Pferd gibt. Statt dessen soll der Fehler immer beim Pferd liegen und es reicht ja wenn DAS therapiert wird.
Ich denke viele der Probleme sind hausgemacht und könnten mit etwas mehr Selbstreflexion sicherlich einer Lösung näher kommen.

Es ist gut daß du dieses Thema aufgegriffen hast.
LG

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Herzlichen Dank für Deine Rückmeldung – freut mich sehr!
Tania

 

Von Beate • 11. April 2011

Eines meiner Pferde war mir in solchen Fällen (Lendenwirbelbereich verspannt und schmerzhaft) immer sehr erfolgreich „Therapiepferd“. Schrittausritte mit viel Auf und Ab brachten mir mehr als Massage oder Krankengymnastik. Das lag aber auch speziell an seinem Gangwerk, was wohl genau die richtige Schwingung hatte, um meinen Rücken wieder weich zu schaukeln, denn bei meinen anderen beiden Pferden war der Effekt nie so stark.
Ich glaube nicht, dass das Pferd damit irgendein Problem hatte- am ehesten war er noch stolz darauf, mir etwas Gutes zu tun. Allerdings muss man auch sagen, dass ich in diesen Fällen nie irgendwas vom Pferd reiterlich wollte und mich seinen Bewegungen überlassen habe.

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Oh ja, die therapeutische Wirkung der Pferdebewegungen kenne ich auch!
Tania

 

Von Sonja Schneider • 13. April 2011

Diese Interaktion zwischen Menschen und Pferden ist einfach so großartig (natürlich auch bei anderen Tieren) Das ist auch der Grund, warum ich meistens nicht nur die Pferde behandle sondern auch den dazugehörigen Besitzer, dann wird die Sache rund.
Es ist so schön zu sehen, wie sich Pferd und Reiter dabei weiterentwickeln und miteinander fliegen lernen. Wünsche allen, daß sie die Möglichkeiten für sich nutzen
Eure Sonja

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Schön geschrieben!
Tania

 

Von nanja • 18. April 2011

Hallo Tania,
ich muss gerade grinsen, haben wir doch die letzten Wochen endlich den Teufelskreis durchbrochen…
Ich bin wieder grade, dank adäquater Betreuung, Pferdi wird noch final behandelt,…
Und dann sehen wir weiter.
Leider werden zu selten die Probleme beim Reiter sondern meist beim Pferd gesucht…
Die läuft spannig, Nein Reiter sitzt spannig!

Ein schöner Denkanstoß von dir!

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Danke, das freut mich sehr!
Tania

 

Von ladym • 25. April 2011

Ja, das ist ein sehr schöner Denkanstoß. Mir sind spontan Situationen eingefallen, in denen ich total verspannt war und mein Schulpferd lief dann auch nicht so geschmeidig (was man halt bei Reitanfängern geschmeidig nennen kann, aber den Unterschied spürt man schon).

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Super, wenn Du das auch schon als Anfängerin spüren kannst!
Tania

 

Von Petra • 25. Juni 2011

Hallo Tania,

habe mal wiede in Deine Beiträgen gestöbert und bin dann bei diesem hier hängen geblieben.

Habe gestern bei meiner Reitstunde auch so ein Erlebnis gehabt. Die Stute geht sonst super gut und ich muss sie eher zurückhalten als treiben.

Gestern haben ich bereits nach den ersten beiden Runden gemerkt, dass da irgendwas nicht stimmt. Selbst auf meinber guten Seiten hat sich das Leichttraben schon nicht so gut angefühlt. Beim aussitzen wusste ich dann woran es lag. Ich war total verkrampft und konnte mich nicht lockern.

Da hatte sie auch schon keine Lust mehr und ich musste stärker treiben damit sie in Gang kam. Da habe ich dann gestoppt und gesagt, dass es keine Sinn hat.

Im Galopp ging es dann erheblich besser und so haben wir die Stunde dann doch noch positiv beedet.

Aber ich war super unzufrieden mit mir und sie hat sich obwohl ich so bescheiden gesessen habe wirklich bemüht es gut zu machen.

Da war ich schon ziemlich beeindruckt.

Ich werde an mir arbeiten müssen um den Arbeitsstress besser ablegen zu können.

Vielleicht hast Du ja eine guten Tipp für mich.

LG Petra

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Hi Petra,

ich denke, zu erkennen, dass Deine Verspannung die Ursache ist, ist schon ein großer Schritt. Was Dir persönlich hilft, Dich besser zu entspannen, wirst Du dann durch Ausprobieren herausfinden müssen. Es gibt ja viele verschiedene Entspannungstechniken! Wir setzen uns halt meist einfach aufs Pferd und reiten los, ohne mal in uns zu spüren und ggf. an Verspannungen zu arbeiten. Hier kann man viel ändern.

Herzlich,
Tania

 

Von Luisa • 20. Mai 2012

Schön, dass sich darüber auch andere den Kopf zerbrechen.. Mir kommt das ganze auch sehr bekannt vor =) aber wenn man weiß, wo der Fehler liegt kann man ja an sich arbeiten! Ich benutze in letzer Zeit auch öfters einen Spiegel in beim Reiten in der Halle, damit ich meinen Sitz immer kontrollieren kann.

 

Von Marie • 22. Mai 2012

Es ist schön zu lesen, dass es noch andere Reiter gibt, die so denken.
Ich merke selbst, wie meine Tagesform sich auch auf mein Pferd auswirkt – das fängt ja eigentlich schon beim Auftrensen an: Wenn ich im Stress bin, dann verweigert sie sich komplett, hebt den Kopf und lässt mich gar nicht ran und das obwohl sie sonst sehr brav ist. Erst wenn ich ruhiger werde, macht sie auch wieder mit.
Während dem Reiten merke ich auch, dass sie „schlecht“ läuft, wenn ich angespannt bin. Wenn mal wieder nichts so richtig funktioniert und ich dann anfange zu verkrampfen, weil ich mich ärgere, dann geht meist erst recht alles viel schlechter. Wenn ich das merke, dann bleibe ich ganz bewusst stehen, damit ich mich entspannen kann und sie sich auch wieder lockert. Das hilft und beiden meistenst wirklich gut und danach klappt’s auch wieder. 🙂

Liebe Grüße!

 

Von Y.Lantermann • 16. September 2013

Hallo, oh ja, dass kommt mir auch sehr bekannt vor. 5 Stunden am Tag habe ich eine hauptsächlich sitzende Tätigkeit im Büro. Diese Computer-Maus-Haltung nehme ich oft mit aufs Pferd. Ich habe ein ganz sensibles Mäuschen und an ganz steifen Tagen meinerseits spiegelt sie alles dermassen krass wieder. Dann ist es wieder Zeit für mich, was zu tun. Chiropraktiker, Gymnastik und Sitztrainer. An unserem Stall ist eine mobile Reitlehrerin, die hat einen völlig genialen Sitztrainer erfunden und auch selber mit ihrem Vater gebaut. Der ist gnadenlos ehrlich und man kann in Ruhe Übungen machen, ohne das Pferd zu stören. Oder man macht eine Kombination aus beide. Erst Sitztrainer, dann Pferd. So sieht man sofort ein positives Ergebnis. Mittlerweile hat sie einen 2. Sitztrainer, mit dem sie mobil ist und so kann sie auch an anderen Ställen Kurse geben.
Liebe Grüße!

 

Von Juli • 28. Januar 2015

Hallo zusammen,
vielen Dank erstmal für eure Seite!! Eure Beiträge bringen mich gerade viel zum Nachdenken!
Um eine kleine Begebenheit zum Thema anzufügen: nach 2 Wochen Südamerika hatte ich die letzten Tage doch ein bissl mit der Zeitumstellung zu kämpfen – und war einfach nur unendlich müde. Mein Pferdchen fand dann auch alle meine Vorschläge, was zu machen doof: Ausreiten – ja nicht zu weit, komm wir drehen um; Reiten in der Halle – ach nö; frei laufen lassen – ok, eine halbe Runde Schritt, machen wir Feierabend? Ballspielen üben war ok (sie lernt den Ball grad erst kennen, hat gerade festgestellt dass er doch keine Ponys frisst sondern bei Berührung Karotten spendiert- ist aber noch ne ruhige Angelegenheit), aber alles, was in irgendeiner Form „vorwärts“ und „Energie“ beinhaltete, quittierte sie mit „lass mal gut sein“. Auf treibende Hilfen blieb sie irgendwann einfach stehen… Über Schritt kamen wir nicht raus.
Da ich in den letzten Tagen sehr viel hier auf eurer Seite gelesen habe, habe ich nochmal mehr ganz bewusst versucht, einfach mal laufen zu lassen. Hab dann halt wieder abgesattelt und viiiel gekrault, statt „mich durchzusetzen“.
Heute hatte ich nun endlich das Gefühl, selber wieder eine umgestellte innere Uhr zu haben und wieder Energie zu haben – und siehe da: es ging wieder wie von selbst in allen Gangarten vorwärts…
Ich glaube heute abend hat sie ihren Mädels beim Heu erzählt: „mein Mensch ist jetzt wieder normal“ 🙂
Und ich bin -mal wieder- sehr, sehr erstaunt über den 7. Sinn, den die Pferdchen für unser körperliches und seelisches Wohl haben.
Dabei ist mir auch noch was anderes aufgefallen: Mir fällt es oft schwer mit dem Pferd das richtige Maß zu finden und auch mal 5 gerade sein zu lassen, weil ich mit mir selber genau so bin – reiß dich zusammen, Zähne zusammenbeißen und „vorwärts, Hopp Hopp“.
Was für eine tolle Lehrerin hab ich da wohl…!!! 🙂
Viele Grüße, Juli

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Und wie toll, dass Du das so annehmen konntest!

Herzlichen Dank fürs Teilen,
Tania

 

 

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