Mist gebaut!?

Wenn ich zurückschaue, habe ich leider auch viel Mist gebaut, was den Umgang mit Pferden angeht. Manches unter Anleitung, vieles ging auf meine eigene Kappe.

Ich arbeite seit einigen Jahren sehr intensiv daran, automatische Reaktionen zu reduzieren, um nicht unfair zu meinen Pferden zu werden. Aber manchmal passiert es mir noch. Und das nehme ich mir übel. Ich schimpfe dann mit mir, schäme mich und frage mich, wie ich mich hinstellen und so eine Webseite machen kann, auf der ich den Leuten was von Pferden erzähle, wo ich doch vor allem erstmal mir selbst etwas erzählen sollte…

Nun habe ich einen schlauen Mann und der wäscht mir manchmal auf eine gute Art den Kopf. Als ich neulich unfair zu den Jungs war und mich dafür wieder den ganzen Tag fertig gemacht habe, sagte er das:

„Viele Menschen glauben, dass wenn sie sich selbst für eine Sache nur hart genug bestrafen, dann stellen sie damit sicher, dass sie es nicht wieder tun. Ich glaube, das ist ein Irrtum. Wenn man sich einen Fehler selbst verzeihen kann und sich dann liebevoll vornimmt, es das nächste Mal besser zu machen, wird es einem viel leichter fallen, die Sache zu vermeiden.“

Damit könnte er recht haben, meint Ihr nicht?

4. November 2010 von Tania Konnerth • Kategorie: Erkenntnisse 16 Kommentare »

 

16 Reaktionen zu “Mist gebaut!?”

 

Von no0815girl • 4. November 2010

Hm, also ich nehme meine Fehler meist auf die leichte Schulter und mache mir nicht ewig Vorwürfe. Aber wenn ich etwas wirklich bereue, mache ich den Fehler nicht so schnell wieder. Bei mir ist es also eher umgekehrt, dass ich mir manchmal vielleicht mehr Vorwürfe machen sollte.

Allerdings finde ich vor allem das Wort liebevoll wichtig. Wenn man voller Reue, Selbstzweifel und schlechtem Gewissen zum Pferd geht, kann ja nichts positives daraus erwachsen. Gehe ich aber voller Liebe zu meinem Pferd, bin ich automatisch weniger unfair.

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Jep, das sehe ich auch so,
Tania

 

Von Manuela • 4. November 2010

Das ist der beste Spruch, die beste Aussage, denn/die ich seit langem gehört habe!

Danke dafür an Deinen Mann *keksrüberreich*

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Gebe ich mit Freuden weiter 😀
Tania

 

Von Conny • 5. November 2010

wie wahr, wie wahr. ich schaff es sogar, dass ich des nachts ewig wachliege…seit ich meinen umgang mit und meinen zugang zu den pferden überdacht habe, handle ich viel seltener unüberlegt, falls es dann doch mal passiert, fällt es mir noch schwerer…

[…]und frage mich, wie ich mich hinstellen und so eine Webseite machen kann, auf der ich den Leuten was von Pferden erzähle, wo ich doch vor allem erstmal mir selbst etwas erzählen sollte…[…]

😉

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Jau, dann weißt Du, wovon ich rede…

Herzlich,
Tania

 

Von Isabelle • 8. November 2010

Oh ja, ich finde, das hat er sehr schön ausgedrückt und regt definitiv zum nachdenken an 🙂

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Dankeschön 😀
Tania

 

Von justme • 8. November 2010

Das hat dein Mann aber schön gesagt 🙂

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Hihi, ist auch ein schlauer Mann 😀
Tania

 

Von El Cid • 8. November 2010

Du hast einen sehr klugen Mann,

der Satz hat mir sehr geholfen, ich bin auch
so eine, die den ganzen Tag mit schlechtem
Gewissen herumläuft, wenn ich mal zu ungeduldig
zu meinem Pferd war.

Selbst verzeihen und sagen das nächste Mal mache
ich es anders … ich glaube da sieht das Leben
schon wieder viel freundlicher aus.

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Auf jeden Fall – und das auch fürs Pferd!
Tania

 

Von Lucia Brack • 8. November 2010

Ein kluger Mann! Werde mir diesen Spruch hinter die Ohren schreiben. Gehöre definitiv auch in die Sparte der sich Vorwürfe machenden. Nachdem ich diese Aussage überdacht habe kam ich zur Erkenntnis, all diese Erkenntnisse im Umgang mit den Pferden können wir sehr wohl auch im Umgang mit uns selbst und anderen Menschen verwenden.

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Vollste Zustimmung!
Tania

 

Von Birgit • 8. November 2010

Hermann Hesse hat einmal gesagt:
„Gewonnen hat immer der, der lieben, dulden und verzeihen kann“.
Mein Pferd kann das schon: lieben, dulden und verzeihen. Ich lerne täglich von ihm……

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Auch ein kluger Mann 😀
Tania

 

Von Dagi • 8. November 2010

Hach Tanja

Mir geht es genau gleich! Und mein Mann sagt dann sowas ähnliches zu mir wie deiner :-))

Wie wahr eigentlich! Mittlerweile kann ich es immer weiter reduzieren unfair zu sein zu meinen Tieren. Es ist ein laaanger Prozess, so blöde Verhaltensmuster zu durchbrechen, aber wenn es dann langsam gelingt, ist man elend stolz auf sich und, mag wer glauben oder nicht: Mein Frieschen ist dann auch sichtlich stolz, da ich ja endlich einzusehen glaube, dass er doch ein toller Kerl ist!! ( Also das tu ich ja schon immer, aber hab ihm manchmal ein anderes Gefühl vermittelt!!!)

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Das kann ich mir bildhaft vorstellen mit Deinem Frieschen! 😀
Tania

 

Von Anne-Barbara • 8. November 2010

Ich kenne das auch, dieses Gefühl wieder ungerecht gewesen zu sein und mich dann zu schämen und über mich zu ärgern und die Gedanken darüber nicht aus dem Kopf zu kriegen.
Aber ich merke sehr deutlich, daß ich mit den Jahren immer achtsamer werde und immer mehr drauf achte, ob zum Beispiel mein Pferd schon auf ein superleises Signal reagiert, ob er mich wirklich nicht verstanden hat, und der Ärger über ihn nicht eigentlich der Ärger über etwas anderes ist. Das prüfe ich genau und wenn ich diesen Ärger schon im Vorfeld spüre, laß ich das Pferd an diesem Tag in Ruhe.
Für mich ist das ein Prozeß auf den ich stolz bin und ich habe eigentlich gar nicht erwartet, daß das mal so gut funktionieren könnte.

Ich bin sicher, ich habe eigentlich immer an mir gearbeitet, das mit dem Pferdchen klappt dann alles von selbst.

Und das mit dem Verzeihen versteht sih von selbst, sonst müßte man ja an jeder Kindererziehung komplett verzweifeln. Man kann nur so sein, wie man ist, und selbst, wenn etwas schief läuft, dann war es nicht so geplant sondern ist aus dem Ruder gelaufen. Aber das ist ja kein Vorsatz.

LG Anne.

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Ich fürchte, manch einer verzweifelt genau so auch an der Kindererziehung – zumindest habe ich da auch schon oft denselben Mechanismus erlebt.

Herzlich,
Tania

 

Von Beate • 8. November 2010

Recht hat er, dein Göga!

Zusätzlich glaub ich aber auch , dass w i r alle hier anderen schon einiges voraus haben:
W i r sehen dass wir früher Mist gebaut haben und das manchmal auch heute noch tun. W i r versuchen es zu ändern.
Viele Pferde leiden ihr Leben lang unter denen, die das nie erkennen.

In sofern ist auch das für mich ein Grund geworden, inzwischen etwas duldsamer mit mir selbst zu sein.
Vor allem, was mein überaus schlechtes Gewissen in Bezug auf die Vergangenheit betrifft.

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Ja, das ist ein wohltuender Gedanke – danke, Beate!
Tania

 

Von Stephanie Silvan • 18. November 2010

Hallo,

für die kindgerechte Erziehung gibt es die so genannten „Kloetersbriefe“, eine als Brief gestaltete Artikelsammlung, die einen schrittweise zu einem respektvollen und liebevollen Umgang mit dem eigenen Kind leiten soll.

Einer der Sätze, die ich anfangs ganz schrecklich fand, die sich mir aber so ins Hirn gebrannt haben, dass ich sie nun Jahre später endlich aus tiefstem Herzen verstehen kann, lautet: „Erst wenn Sie Ihr Kind ohne jeglichen Anflug von Reue oder schlechtem Gewissen eine Ohrfeige geben können, werden Sie in der Lage sein damit aufzuhören.“

Dieser Satz klingt grausam und herzlos und in mir sträubte sich alles dagegen! In ihm steckt aber die tiefe Wahrheit, dass jede Form von nutzloser Aggression gegen das eigene Kind oder sonstige Schutzbefohlene (Hunde, Pferde…) die Wurzel in einem selbst hat, in tief vergrabener Selbstverachtung. Erst wenn man sich umfassend selbst annehmen und verzeihen kann, also nicht nur rechtfertigen, sondern wirklich zutiefst verzeihen kann, kann man endlich davon loslassen.

Ganz wichtig hierbei ist der Unterschied zwischen Rechtfertigung und Verzeihen. Denn viele, die ihre Schutzbefohlenen schlagen oder sonstwie quälen, rechtfertigen dies zwar – keiner von ihnen ist aber mit sich selbst im Reinen.

So weit bin ich natürlich noch lange nicht und ich selbst tappe immer wieder in die Schuldfalle, gerade als Pferdeanfängerin. Aber ich finde das ist ein schöner Weg, wenn man sich das immer wieder bewusst macht.

Liebe Grüße
Stephanie

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Hmmmmm, also ich habe jetzt ein Weilchen über diesen Satz nachgedacht und ich möchte ihn so nicht übernehmen und glaube auch nicht, dass er zutrifft. Den Kern kann ich erkennen – das Loslassen muss ich auch immer wieder selbst üben. Aber ich glaube nicht, dass der Bezug, es „ohne Reue + schlechtes Gewissen“ tun zu können, nötig ist, um es nicht mehr zu tun. Meinem eigenen ethischen Gefühl nach passt das so nicht.

Herzlich,
Tania

 

Von Angela • 26. Oktober 2011

Vor einigen Jahren habe ich den Trainerschein (Western) gemacht. Ich hatte zu diesem Zweck ein Schulpferd geliehen, da meine eigenen ja doch sehr weit weg sind. Der 5 jährige Braune war ein süsser Kerl aber sehr triebig.

Jeden Tag hörte ich von morgens bis abends von meinen Mitschülerinnen: „Treib ihn, du musst mehr treiben, treiben, treiben“. Verzweifelt spickte ich ihn immer und immer wieder mit den Sporen. Eines Nachmittags gipfelte dieser Stress damit, dass ich dem armen Kerl die Zügel überschlug. Links und rechts, zack, und ihn dabei auch noch halberts am Kopf traf.

Ich kann mir dies bis heute nicht verzeihen und ich denke sehr oft oft oft an meine miesen Taten. In allen Einzelheiten kommt mir dann diese Situation wieder hoch und ich möchte hinfahren und mich bei dem Pferd entschuldigen.

Er würde die Entschuldigung garantiert annehmen ohne mit der Wimper zu zucken und mich auf eine Karotte einladen. So sind Pferde halt. Viel zu gut für uns.

LG

P.S. Danke, das outen hat mir ein kleines bischen geholfen…..

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Hallo Angela,

ich denke, jede/r von uns kennt so etwas. Was glaubst Du, was ich mich schon geschämt habe. Versuch, es Dir selbst zu verzeihen und lerne für die Zukunft daraus. Ich würde heute auch unter Anleitung kein Pferd mehr so mies behandeln, wie es früher leider oft gemacht habe. Dafür waren viele Schritte nötig, aber wenn man daraus lernt, ist wenigstens nichts umsonst.

Herzlich,
Tania

 

Von Janet • 19. Oktober 2013

Ja auch ich habe immer wieder mal ein schlechtes Gewissen weil ich im Affekt unfair zum Pferd wurde. Aber wenn man es wenigstens gleich bemerkt und ein schlechtes Gewissen hat passiert es nicht so leicht wieder. Ich werde dadurch nur besser auch wenn es sich eine Weile nicht gut anfühlt.

 

Von Eva • 18. Oktober 2014

Liebe Tanja,
dieser Beitrag spricht mir echt aus der Seele 🙂
Ich bin als Kind in die Turniereiterei “reingewachsen“ und damals hatte ich nicht den Mut, diese teilweise brutalen Praktiken anzuzweifeln. Pferde unter 165cm gingen damals gar nicht, und so ritt ich eben auf Riesen Pferden bis L Springen und Dressur, bis ich es seelisch nicht mehr verkraftet habe, anzuschauen, wie diese stolzen Tiere wie Sportgeräte ausgewechselt wurden. Mittlerweile habe ich einen knapp 5jährigen Tinker aus Irland, der leider beim Händler ziemlich mies angeritten wurde. Wir arbeiten viel mit Kappzaum und hier kann sich der Kleine schon gut entspannen. Nur unterm Sattel macht er sich im Trab extrem fest, geht überm Zügel usw. An manchen Tagen schaffe ich es, mit viel Gefühl, dass er sich löst. Wenn ich allerdings selbst angespannt bin, dann kommt es vor, dass ich in alte Denkweisen zurückfalle, ganz nach dem Motto: das müsste doch jetzt klappen, der soll sich nicht so anstellen. Nach so einer Trainingseinheit beisst mich auch immer das schlechte Gewissen. Denn Sherlock vertraut mir, obwohl er beim Händler so verängstigt war, dass er bei jeder Berührung zusammenzuckte. Seine Strategie war, Hintern rumdrehen und drohen bzw aushauen. Nach 2 Tagen bei uns lief er mir schon wie ein Hund hinterher, dankbar für jede Aufmerksamkeit. So ist er bis heute. Ich bin einfach nur dankbar, dass er sich mir angeschlossen hat. Ich habe auch keine Ambitionen mehr bezüglich der Turnierreiterei… daher ärgert es mich umso mehr, dass ich mich manchmal immer noch von der längst verhallten Stimme meiner alten Reitlehrer steuern lasse. Dein Mann hat vollkommen recht, ich arbeite gerade daran, mit der ewigen Selbstbestrafung aufzuhören 🙂
Liebe Grüße, Eva mit Sherlock

 

Von Ulli Schmidt • 8. Juni 2017

Danke! Jetzt geht es mir besser und ich versuche mir keine Vorwürfe mehr zu machen. Ich hatte heute Schmied Termin mit meiner Dreijährigen gehabt. Sie hat mich und meine Schmiedin umgerempelt und als wir dann die Hinterhufe machen wollten zweimal getreten. Ich war so zornig, dass sie nicht meinen Erwartungen entsprach wieder ein braves Pferd zu haben, dass ich sie mit einer Gerte viermal geschlagen habe. Sie hat daraufhin in völliger Panik alles demoliert und ist zu Ihrer Herde gerannt, alle sind gerast, sie außerhalb des Zaunes – die Herde innerhalb des Zauns immer hoch und runter. Danach wollte sie sich durch den Stromzaun drücken, obwohl voller Strom drauf war.
Es ist Gott sei Dank bis auf blaue Flecken, nichts passiert, aber ich mache mir Vorwürfe, dass ich sie durch mein Anspruchsdenken überfordert habe, sie ist bis auf das Rumzappeln beim Anbinden ein echtes Traumpferd. Ich war dann noch mit ihr spazieren und habe nochmal Hufe geben lassen, das ging dann alles wieder.
Morgen werde ich sie an den Platz bringen, wo es geschah mit ganz viel Leckerem zu fressen und da wird wieder geübt aber ohne Gerte…..

 

 

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