Lehrreiche Wochen

Nach meinen Pferden bin nun auch ich umgezogen. So ein Umzug ist anstrengend, stressig und kräftezehrend. Und er kann ausgesprochen lehrreich sein, wenn man einen guten Lehrer hat! 🙂

Ich habe hier in meinem Blog schon öfters darüber geschrieben, dass es wenig Sinn macht, unter Zeitdruck mit seinem Pferd arbeiten zu wollen und wie wichtig es ist, die eigenen Stimmungen zu reflektieren. Tja, und dann kommt der Alltag mit seinen Herausforderungen (wie z.B. ein Umzug) und man ist gestresst und man hat Zeitdruck und einem fehlt die Kraft zur Reflexion – und schwups findet man sich in Situationen wieder, die man doch eigentlich vermeiden wollte. In Situationen, in denen man genervt und ungeduldig ist und droht, unfair zu werden.

Mir ist es in den letzten Woche einige Male so gegangen. Ich hatte wenig Zeit und noch weniger Kraft, aber dennoch den Anspruch, etwas mit den Jungs zu machen. Aramis, mein Stress-Seizmograph, reagiert da immer sehr zuverlässig: je gestresster ich bin, desto zäher wird er. Je genervter ich reagiere, desto büffliger wird er.

Aber – und das ist neu und deshalb ist es mir einen Blogbeitrag wert: im Gegensatz zu früher, kann ich diesen Mechanismus inzwischen sehen und darauf reagieren! Sprich: ich kann durch sein Verhalten mein eigenes erkennen und dann die automatischen Mechanismen unterbrechen. D.h., ich habe es in diesen Wochen immer wieder geschafft, mich selbst zu korrigieren, bevor ich fies und ungerecht zu meinem Pferd geworden bin.

Diese Reflektion war anstrengend und ich habe manches Mal geflucht, wenn Aramis mir mal wieder eine Lektion erteilt hat, denn alles wäre doch so einfach gewesen, wenn er nur ein bisschen kooperativer gewesen wäre, nicht wahr? Ich meine, er kennt mich doch auch und wenn er schon merkt, dass ich genervt bin, könnte er doch einfach mal mitmachen, oder? Und genau, wenn ich in diese Richtung dachte, wurde Aramis‘ Lektion für mich noch deutlicher, dann verweigerte er sich noch mehr und ließ mich mit meinem Hadern und mit meinem „Warum kann er nur nicht…“ im Regen stehen.

Einen guten Lehrer macht aus, dass er richtiges Verhalten sofort bestätigt und mein Pferd ist ein guter Lehrer. Wenn es mir gelang, meinen Stress loszulassen, mein Genervtsein abzulegen und den Druck herauszunehmen, den ich mir, ihm und der Welt machte, hatte ich sofort ein fein reagierendes Pferd, das zu allem bereit war. Aber nur dann.

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Wenn wir bereit sind, zuzuhören, sind unsere Pferde einfach die besten Lehrer überhaupt!

28. Januar 2010 von Tania Konnerth • Kategorie: Erkenntnisse 6 Kommentare »

 

6 Reaktionen zu “Lehrreiche Wochen”

 

Von no0815girl • 28. Januar 2010

Schön, dass du mittlerweile darauf reagieren kannst! Ich mache das ja immer so, dass ich erst als letztes im Tagesablauf zu den Pferden gehe. Somit habe ich keinen Terminzeitdruck und kann mir soviel Zeit nehmen, wie ich will. Und wenn ich die Pferde doch mal dazwischen schieben muss, plane ich mindestens eine Stunde zuviel ein.

Ich achte ebenfalls darauf, mich selbst nicht unwohl zu fühlen. Das heisst, ich ziehe mich warm an, gehe vorher aufs Klo und esse etwas. Denn wenn ich friere, Hunger habe oder dringend aufs Klo muss, werde ich ungeduldig, genervt und somit auch schneller unfair. Deswegen sorge ich für eine Wohlfühl-Athmosphäre bei mir.

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Super – das ist ja schon eine richtige „Anleitung für einen gelungenen Besuch“ beim Pferd!

Danke dafür,
Tania

 

Von Lizzy • 28. Januar 2010

Hallo Tania,
da musst du wohl lernen deine eigene Medizin zu nehmen 😉 Wenn ich merke, ich werde genervt (meist bei mir, wenn ich reite und jm stört mit Fragen, die echt warten können), reite ich in die Mitte vom Platz, lege die Zügel auf den Hals, atme tief durch und sage mir und meinem Pferd, dass wir nochmal anfangen. UND nun kommst dein Beittrag ins Spiel, ich achte sehr viel merh darauf, dass ich mich gefälligst freue über mein wunderbares Pferd und wenn ich das tue, dabei auch lächeln und lachen darf! Nicht, dass ich das nciht auch schon gemacht hätte, aber dein Beitrag hat mich dazu gebracht, wieder bewusst darauf zu achten, dass ich mich freue beim Reiten oder arbeiten und ich lächle viel mehr! 🙂
Und egal, wie gut alles letzte Woche geklappt hat oder gestern. Wenn wir mit Freude, Leichtigkeit und Fachwissen arbeiten, wird es IMMER schön sein und dann dürfen wir uns IMMER freuen!
Klappt nicht immer bei mir- aber auch immer öfter!
Danke Tania

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Schööööön zu lesen!!!!
Tania

 

Von susi • 29. Januar 2010

Hallo, Tania,

sehr schöner Beitrag, vor allem wird hier dein Bezug zum Pferd sehr deutlich.
Pferde können uns mehr lehren, als wir manchmal zugeben möchten 🙂

Übrigens sind deine Bilder immer absolute Spitzenklasse – chapeau!

lg
Susi

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Danke, Susi!!!

Tania

 

Von Beate • 1. Februar 2010

Liebe Tania,
du schreibst vielen von uns sicher aus der Seele.

Es ist soooo schwer, alles vor dem Hoftor zu lassen.
Sich selbst zu refklektieren ist ,glaub ich, nur wenigen Menschen in die Wiege gelegt.
Ich jedenfalls lerne täglich ein bisschen davon dazu.
Und ich bin froh, dass ich zuallererst euch hier im Forum hab, die mir dabei helfen und dann natürlich meine Tiere, ob Pferd oder Hund, die mich immer wieder mit ihren Nasen darauf stoßen.
Es funktioniert immer öfter, je mehr Schlüsselerlebnisse man erfahren hat.
Und umgekehrt werden diese Schlüsselerlebnisse weniger, gerade weil man es öfter schafft.
Was mich am meisten beeindruckt ist, dass man auch im „restlichen“ Leben mit vielen Dingen dann viel besser klar kommt.

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Oooohhhh, ja, das kann ich auch bestätigen!

Lieben Dank für Deinen Beitrag,
Tania

 

Von OPaul • 1. Februar 2010

Hallo Tania,
ich bin schon einige Wochen immer mal wieder auf euren Seiten. Mit ü 40 habe ich mich dann doch noch getraut und den Mut aufgebracht meinen Traum wirklich zu leben. Mit einer wunderschönen WB Stute, die ich nicht recht fordern konnte, hatte ich ein sehr lehrreiches Jahr und musste sie in erfahrere Hände geben. Es ist uns sehr schwer gefallen, aber sie verzieh nicht so viele Fehler, wie ich am Anfang machte. Nun haben wir vernünftiger Weise seit einem halben Jahr einen lieben 9 jährigen Halflinger. Ich verschlang Bücher, sah auf mir auf der Weide die Verhaltensweisen ab, nahm Reitstunden und habe „Erfüllung“ in der Bodenarbeit gefunden. Ich bin wie gesagt noch ein Anfänger und unser Halflinger ist so gelehrig und vom ersten Tag an Personenbezogen. Ich kann dein Thema Stress im Umzug sehr gut nachvollziehen. Erst gestern habe ich es selbst erleben dürfen. Ich hatte sehr viel Zeit am schönen Winternachmittag und begann mit ausgiebigem Putzen, gymnastizieren und ein wenig Freispiel. Dann auf zum Spaziergang. Unser Hafi hat definitiv gemerkt, dass ich Zeit und ganz viel Lust auf Spazierengehen hatte. Er war aufmerksam und es machte ihm Spaß durch den Knietiefnen Schnee zu stapfen. Ich selbst habe gemerkt, wie ich Tempo, und Richtungswechsel mit ihm super machen konnte. Er schnaubte recht zeitig ab, sank den Kopf und lief ruhig. Das hatten wir bisher selten. Also ich kann die Erfahrung mit dem übertragenen Stress sehr gut nachvollziehen und bin glücklich darüber, dass ich meine Freude auch auf meinen Hafi übertragen konnte. Wir sind noch am Anfang, aber ich bin mir sicher, wir werden ein Team.
LG

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Das klingt für mich auch so! Schöööön 😀

Danke für Deine Zeilen,
Tania

 

Von Tina • 2. Februar 2010

Hallo – wie schoen, vielen dank fuer diesen Beitrag! So passend zu unserer aktuellen Situation…

Manchmal denke ich auch, es ist besser, einfach beiden urlaub zu geben – wenn man also gerade wie wir ein aktuelles Problem hat, und man hat zudem noch Zeitdruck, dann lass ich es lieber nicht drauf ankommen sondern warte, bis ich mich der Sache ruhig annehmen kann. Das faellt mir unheimlich schwer da ich ihn erstens vermisse, und auch mein Leistungsdenken immer wieder aufmuckt, aber ich fuehle mich besonders nach diesem Artikel bestaetigt das es ihm gegenueber einfach fairer ist. (Oder? :-))

lg

tina

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Mir fällt das auch schwer – und wie! Aber jep, ich denke, es ist tatsächlich in solchen Phasen da Beste!

Herzlich,
Tania

 

 

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