So erkenne ich, ob ein Pferd auf der Vorhand läuft

In der Beurteilung darüber, wie gut ein Pferd läuft, geht es ja u.a. um die entscheidende Frage, ob das Pferd auf der Vorhand läuft. Um das zu erkennen, zeichne ich mir im Geiste eine Hilfslinie. Diese Linie zeichnet den Bewegungsfluss nach und an ihr wird für mich immer recht schnell deutlich, ob ein Pferd auf der Vorhand läuft oder nicht.

Ich möchte das einmal an einigen Fotos verdeutlichen. Wichtig ist dabei zu beachten, dass die Linie nur als Anhaltspunkt zu sehen ist. Wir haben es ja mit Bewegungen zu tun und diese Linie ist so ähnlich zu sehen wie ein Luftzug. Sie ist also nicht statisch, sondern zeichnet die Energie nach.

Wenn ein Pferd auf der Vorhand läuft, sieht das tendenziell so aus:

linie1.jpg

Wenn ich eine Linie von der Hinterhand über die Kruppe, den Rücken, den Widerrist, den Hals bis zum Kopf zeichne, dann bildet die Kruppe den höchsten Punkt und die Linie fällt nach vorne ab. Die Energie weist Richtung Boden.Ist hingegen die Schulter bei einem Pferd angehoben, sieht das schon ganz anders aus:

linie2.jpg

Hier bildet der Rücken eine Linie und die Energie weist nach vorne, also geradeaus. Hier noch einmal im direkten Vergleich:

linie3.jpg

Auf dem linken Bild geht die Energie nach innen (weil das Pferd nach innen auf die Schulter fällt, was ein weiteres Kriterium dafür ist, dass ein Pferd auf der Vorhand läuft), aber auch in Richtung Boden. Es ist zu erkennen, dass die Kruppe der höchste Punkt ist. Im Gegensatz dazu kann man auf dem rechten Bild gut erkennen, was passiert, wenn das Pferd die Schulter anhebt und mehr unter den Schwerpunkt tritt: Trotz gesenktem Kopf (die Nasenlinie könnte noch mehr nach vorne kommen, dann wäre die Haltung noch besser) kommt der Widerrist höher und die Energie geht nicht mehr direkt in den Boden, sondern richtet sich von der Tendenz vorwärts.

Hier noch ein Bild einer, aus meiner Sicht, perfekt ausbalancierten Dehnungshaltung:

linie4.jpg

Die eingezeichnete Linie zeigt, dass die Schulter frei ist – die Energie wird regelrecht angehoben. Aramis geht hier definitiv nicht auf der Vorhand!

Und am deutlichsten wird es dann auf diesem Bild:

linie5.jpg

Hier kann man das sehen, was mit „Bergauf-Tendenz“ gemeint ist: Das Pferd nimmt Last auf der Hinterhand auf, die sich dadurch senkt und kann sich auf diese Weise aufrichten. Die Bewegungslinie weist nach oben.

Vielleicht hilft Euch die Idee dieser Bewegungslinie auch dabei, das Laufen eines Pferdes besser zu beurteilen?

16. April 2009 von Tania Konnerth • Kategorie: Anatomie und Körper, Erkenntnisse 17 Kommentare »

 

17 Reaktionen zu “So erkenne ich, ob ein Pferd auf der Vorhand läuft”

 

Von Sonny • 16. April 2009

Hallo Tania,

vielen Dank für diese Idee! Ich habe immer überlegt, aber ich bin noch nie auf die Idee gekommen, eine Linie gedanklich auf mein Pferd zu zeichnen. Das werde ich heute mal ausprobieren und ich denke, dass es gut klappen wird.

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Bin gespannt, was Du dann erkennst!

Tania

 

Von Maja2009 • 16. April 2009

Hi Tania

Deine Kategorie „Erkenntnisse“ find ich total klasse 🙂

Erkenntnisse, das sind für mich AHA-Effekte und dieser Beitrag hatte so einen AHA-Effekt bei mir ausgelöst.

Eigentlich so einfach; jetzt zeichne ich immer schön im Geiste eine Linie auf den Pferden die ich ansehe und schärfe vermehrt meinen Blick darauf.

Vielen Dank Tania, für diesen Beitrag

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Freut mich sehr!!!

Tania

LG

 

Von Silvia • 16. April 2009

Hallo Tania
Ich finde diese Beispiele sehr gut gelungen. Das muss man einfach verstehen.
Und wie lange habe ich gebraucht, bis ich mir halbwegs vorstellen konnte, was „auf der Vorhand laufen“ heißt und wie es aussieht. Aber diese Zeichnungen sind echt super.
Werd gleich mal in unsere Reitbilder rein malen. *g*

Liebe Grüße
Silvia

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Ach schön, das freut mich wirklich!

Tania

 

Von Claudia • 20. April 2009

Hallo Tanja,

vielen Dank für diese Superidee. Werde ich heute gleich mal bei der Longenarbeit testen. Das hilft mit Sicherheit dabei, das Auge zu schulen!

Liebe Grüsse

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Gern geschehen – ich freu mich!

Tania

 

Von ines • 20. April 2009

Hallo Tanja,
läuft dann ein Pferd das einen starken Unterhals hat, den Rücken wegdrückt und den Kopf hoch hebt nicht auch auf der Vorhand? Denn wenn man da eine imaginäre Linie Zieht, dann verläut die nach aufwärts?
Gruß Ines

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Hi Ines,

nette rhetorische Frage 😉

Wie ich im Beitrag schrieb, handelt es sich hier nur um ein Kriterium, ich hatte nicht den Anspruch, damit alles abzudecken. Den meisten fällt es halt nur sehr schwer, bei gesenktem Kopf zu erkennen, ob ein Pferd auf der Vorhand läuft oder nicht.

Ein Pferd, das den Rücken wegdrückt läuft natürlich nicht gut – die gedachte Linie würde da aber auch keine harmonische Bergauflinie ergeben, sondern eine, die in der Mitte einen Knick hat. Und das tut schon beim Hinschauen weh und ist auch für die meisten recht eindeutig zu erkennen.

Herzlich,
Tania

 

Von Christine Walz • 20. April 2009

Wow Tanja, was für ein toller Beitrag! Erst am Freitag habe ich bei der Longen-Arbeit gedacht: “ Das sieht ja eigentlich jetzt ganz gut aus , aber läuft er nicht noch ein bisschen auf der Vorhand, oder wie?“
Jetzt werde ich mir gleich deine Linien einprägen das und hoffentlich besser erkennen. Und das letzte Foto ist einfach traumhaft!
Lalala, Montag, Newslettertag…
Liebe Grüsse Christine

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🙂

Tania

 

Von Beate • 21. April 2009

Einfach genial-genial einfach.
Wenn mir das gucken in der bewegung noch nicht gelingt, mach ich ein Bild und nehm die Maus……..
Dankeschöööööön!

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Mehr als gern geschehen!

Tania

 

Von Dagmar • 21. April 2009

Hallo Tanja,
nachdem ich gestern die tollen deutlichen Bilder gesehen und eingeprägt habe, musste mein Patron heute gleich mal wieder an die Longe.
Ich muss sagen, die gedachten Linien haben mir echt geholfen! Nachdem er erst etwas auf der Vorhand geschlurft ist, habe ich es geschafft, ihn mit schwingendem Rücken und lockerem Hals „schön“ laufen zu lassen.
Vielen Dank und macht weiter so!
LG Dagmar

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Wow, toll!!!

Tania

 

Von kallisto • 23. April 2009

Das letzte Foto von Aramis habe ich schon immer bewundert. Ein Haflinger mit dieser schönen Bergaufkadenz sieht man wirklich selten. Klasse gemacht Tania!

LG Susi

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Hui, danke Susi – das dicke Kompliment gebe ich an den Großen weiter!

Tania

 

Von welcome • 20. Oktober 2009

Jetzt dachte ich, mein Dicker läuft schon gut in Innenstellung und hier sehe ich auf dem 1. Bild genau seine Haltung! Also voll auf der Vorhand.

Wie ändere ich das?

Gruß
Marret

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Hallo Marret,

durch gute Arbeit. Das Pferd muss systematisch lernen, von der Vorhand wegzukommen. Es gibt da verschiedene Wege – wir arbeiten nach Babettes Longenkurs.

Herzlich,
Tania

 

Von Georgi • 12. November 2009

Hallo Tania,
ich muß mich jetzt leider outen (heul).
Alle verstehen es anscheinend super gut, nur ich nicht. Dabei bin ich gar nicht soooo doof 🙂

Ich erkenne auf den Bildern auch teilweise, welches Pferd vernünftig läuft, habe aber dennoch Probleme die Vorhandlastigkeit zu erkennen, auch wenn ich das theoretisch sehr wohl verstanden habe nud es z.B. auf dem letzten Foto von Aramis sehr gut erkennen kann (immerhin 🙂 )

Bei den ersten 2 Bildern ist das weiße Pferd z.B. nach links gestellt, das andere nicht. Für mich schwierig zu vergleichen mit dem roten Pfeil. Und bei dem weißen ist der rote Pfeil auch nicht so genau gemalt wie bei dem anderen Pferd. Eigentlich wäre die Schulter beim weißen genauso hoch wie die Kruppe. Oder hab ich n Knick in der Linse ?

Auch bei den anderen Photos habe ich Probleme mit den dazugehörigen Erklärungen. Klar erkenne ich Einzelheiten, aber eben nicht die Vorhandlastigkeit.
Einzig und allein auf dem letzten Foto von Aramis erkenne ich ganz deutlich, daß die Schulter angehoben ist.

Hm……………

Nette Grüße Georgi

______________________

Ich fürchte, da werde ich nicht mehr allzu viel zur Aufklärung beitragen können, denn auch das Sehen ist halt etwas Subjektives. Diese Linie ist keine hochwissenschaftliche Angelegenheit, sondern nur eine Hilfslinie, die mir sehr hilft, die Tendenz zu erkennen. Ich schätze, da muss einfach jeder seinen ganz eigenen Weg zum Sehen finden, offenbar ist die Linie dann nicht für jeden nützlich.

Herzlich,
Tania

 

Von Vroni • 24. Juni 2010

hi, echt eine tolle idee, hat mir sehr geholfen.
ich hätte da noch ne frage, und zwar, wie ich erkenne, ob ein pferd den rücken wegdrückt. klar sehe ich das grundsätzlich schon (hab ja selber pferde), würde mich aber sehr interessieren, deine antwort. also, wie man es vom boden (an der longe z.B. und auch als reiter) gut erkennen kann. ich habe seit einem halben jahr eine araberstute, die jetzt 20 ist und die total verritten ist.hatt auch total den senkrücken, war verspannt, ängstlich,etc…. der senkrücken ist (fast) wieder weg,verspannungen werden besser, sie wird immer zutraulicher, aber sie ist halt teilweise schon noch recht steif. vor allem beim reiten hab ich (nur bei ihr…komisch) manchmal gar kein gefühl dafür, ob sie jetzt den rücken wegdrückt oder nicht.
würde mich sehr über eine antwort freuen…
lg Vroni

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Hallo Vroni,

wenn schon ein Senkrücken da ist, ist es natürlich ziemlich schwierig mit dem Sehen – der Rücken ist ja sozusagen grundsätzlich weggedrückt. Bei einem normalen Rücken kann man ganz gut sehen, ob er nach oben schwingt, indem man sich eine waagerechte Linie hinter dem Pferd sucht (Bande der Halle, Zaun o.ä.) und den Rücken im Vergleich zu dieser Linie beobachtet. Ob das bei einem Senkrücken so auch funktioniert, kann ich Dir nicht sagen, aber ich könnte mir schon vorstellen, dass Du so auch da ein wenigstens ansatzweise vorhandenes Nach-oben-Schwingen erkennen können müsstest.

Herzlich,
Tania

 

Von Vroni • 24. Juni 2010

werd ich ausprobieren. vielen dank.

 

Von Vroni • 24. Juni 2010

und wie würdest du es beschreiben, wenn du ein pferd mit weggedrücktem rücken siehst?
also, wie es ausschaut, wie es nicht ausschauen darf, wie es ausschauen soll,etc. ich muss bald einen test über solche themen/fragen schreiben und ich finde es toll, wie du die fragen beantwortest. wäre toll, wenn di noch was darüber schreiben könntest……
(ich hoff, die frage ist einigermassen verständlich, ich weiss, ich schreib manchmal etwas wurschtelig………)
lg vroni

__________________________

Ein weggedrückter Rücken zeigt eine Biegung nach unten und nicht nach oben, wie ein aufgewölbter Rücken. Schau mal, vielleicht hilft Dir Babettes Artikel weiter: http://www.wege-zum-pferd.de/praxisblog/2008/10/02/grundwissen-uber-anatomie-und-biomechanik-teil-1-der-pferderucken/

Tania

 

Von Victoria • 14. April 2012

Hi ich hab mal eine Frage bin gerade dabei mir ein pferd zu kaufen hab da auch schon eins in aussicht.Mein Problem ist nur, dass das Pferd 90% auf der Vorderhand läuft, er ist 8-jährig ,was müsste ich tun um ihn auf die Hinterhand zu bringen und ist es überhaupt möglich das er irgendwann mal ganz auf der Hinterhand läuft?
Liebe Grüße Victoria

_______________________

Schau mal, dazu habe ich hier etwas geschrieben:

http://wege-zum-pferd.de/hafiblog/2012/01/09/wie-erreiche-ich-dass-mein-pferd-uber-den-rucken-lauft/

Herzlich,
Tania

 

Von sunny • 14. Dezember 2013

Hey.. Also ich weiß nich genau ob es zu dem thema passt aber ich habe halt
folgendes Problem:
vor zwei jahren fing ich an mit meinem deutschenreitpony (stute, 8 jahre) auf L dressur hinzuarbeiten.. Da fing sie halt an immer an zu tickern dann wieder nicht und immer so im wechsel und die übergänge klappten gar nicht mehr (stockend).. Der Ta meinte iwas von wegen spatt oder so.. Meine mum konnte das nicht glauben und wir sind in eine klinik gefahren.. Naja dann kam die nachricht : KISSING SPINES.. Ich hab gedacht dass wäre das ende.. Dann hat sie schmerzmittel bekommen und was für den muskel aufbau und ich musste sie erstmal 2monate longiert mit chambon.. Sie lief wieder gut und ich konnte auch wieder langsam anfangen „richtig“ zu reiten.. dann knapp ein jahr später lief sie wieder schlechter.. Also ab zur klinik und die nächste diagnose : KNICK IN DER HALSWIRBELSÄULE und da ist irgendwas mit den nerven… Dann sind wir zu einer physiotherapheutin gefahren die hat eine bioresonanz gemacht und dann lief sie wieder gut ich hab mich damit abgefunden sie nicht mehr turniermäßig zu reiten.. Und dann musste sie jz mehrere monate stehen wegen verschiedener verletzungen. Jz trainiere ich sie seit zwei wochen wieder an.. Ich möchte sie auf jeden fall so lange longieren dass ihre muskulatur wieder einigermaßen gefestigt ist.. Ich longiere sie wieder mit chambon.. Aber lange rede kurzer sinn: sie läuft so dass ihr hals un oder unter der waagerechten ist , ihre nase ist abwr kurz vor der senkrechten.. Sie tritt mindestens 2bis3 hufbreit über und ich mache relativ viel stangenarbeit aber irgendwie habe ich trotzdem das gefühl dass sie ein wenig auf der vorhand läuft.. Ist dass denn sehr schlimm?? .. Weil sie MUSS ja tief und über den rücken laufen und das tut sie auch..

___________________

Hallo Sunny,

ohne das Pferd zu sehen, kann ich leider wirklich keine Aussage darüber machen, ob es korrekt über den Rücken läuft oder nicht. Von Hilfszügeln halte ich allerdings wenig, da Pferde damit nicht lernen, sich reel selbst zu tragen. Im Gegenteil, oft verhindert ein Hilfszügel genau das.

Falls Du unseren Longenkurs noch nicht kennst, dann lohnt es sich vielleicht, da mal reinzuschauen, denn da zeigen wir einen Weg, wie Dein Pferd lernen kann, gut zu laufen.

Alles Gute für Euch,
Tania

 

Von Raaga • 27. Februar 2016

Liebe Babette, Liebe Tanja,

ich lese schon lange auf euer Seite mit und bin begeistert davon, wie schön ihr mir euren Bildern und Erklärungen die Dinge prägnant und verständlich erklärt. Auch in eurem Longenkurs ist sehr viel gelernt.

Deshalb hoffe ich, ihr könntet mir erklären, woran ich nun schon geraume Zeit rätsele: woran genau kann ich sehen, ob und wie schwer ein Pferd auf die ( innere oder äußere ) Schulter fällt. Ich kann es oft intuitiv sehen, aber kann nicht sagen, worauf genau ich achten muss. Gibt es hier auch Hilfslinien, die man sich vorstellen kann?

Die Frage ist eng verwandt mit der Frage, ob ein Pferd auf die Vorhand gefallen ist und wie schief es ist, ist aber doch noch etwas genauer.

Liebe Grüße,

Raaga

 

 

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